Kreiswehrersatzämter werden ausgemustert

Am Freitag schließen die letzten Kreiswehrersatzämter und werden zu „Karrierecentern“.

Berlin/Düsseldorf. Sie sind für ganze Generationen junger Männer mal ein Ort des Schreckens, mal einer der Hoffnung gewesen: Die Kreiswehrersatzämter. Mit dem Fortfall der Wehrpflicht ist ihre Aufgabe überflüssig geworden. Am Freitag werden im Zuge der Bundeswehrreform die letzten 52 dieser Ämter geschlossen, darunter auch das in Düsseldorf.

Stattdessen kommen „Karrierecenter“, denn die Bundeswehr steht nun mit der Wirtschaft im Wettbewerb um die besten Köpfe, wie Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hervorhebt. Insbesondere für diejenigen, die hofften, dem Wehrdienst durch die Bescheinigung einer körperlichen Untauglichkeit entgehen zu können, waren die Kreiswehrersatzämter ein gefürchteter Ort der Wahrheit.

Das Ministerium berichtete am Montag über zahlreiche amüsante Versuche, Krankheiten oder Behinderungen zu simulieren. Sehr beliebt waren psychische Auffälligkeiten, die gewisse schauspielerische Fähigkeiten erforderten.

Junglandwirte, deren Antrag, für die Arbeit auf dem Hof befreit zu werden, abschlägig beschieden wurden, kamen schon mal demonstrativ mit Kühen oder Schafen zur Behörde, weil angeblich niemand die Tiere zu Hause versorgen könne. Andererseits zerstoben in den Kreiswehrersatzämtern auch militärische Karriereträume. Etwa wenn angehende Piloten als zu groß befunden wurden oder der Sehtest eine Farbenblindheit ergab.

Arbeitslos wird keiner der bisherigen Mitarbeiter. Viele werden für die neue Struktur gebraucht. Diese besteht aus 16 „Karrierecentern“. An acht Standorten sind sie bloße Beratungseinrichtungen. An acht weiteren (Düsseldorf, Berlin, Hannover, München, Stuttgart, Erfurt, Wilhelmshaven und Mainz) sollen auch Befähigungs- und Eignungsprüfungen vorgenommen werden.

Nur dort sind dann noch Ärzte. Die in diesen Städten teilweise vorhandenen „Zentren für die Nachwuchsgewinnung“ werden dabei integriert. Außerdem gibt es regionale Beratungsbüros.

Alle Einrichtungen sollen mit zivilen und militärischen Karriereberatern besetzt sein, eine Neuerung bei der Bundeswehr, wie de Maizière betont. „Wir treten als einheitlicher Arbeitgeber auf und positionieren uns damit besser.“

Die Kreiswehrersatzämter haben seit ihrer Gründung 1957 20 Millionen junge Deutsche meist männlichen Geschlechts (seit 2001 auch Frauen) gemustert und 8,5 Millionen von ihnen für tauglich befunden. Hinzu kamen die Einberufungen, die in der DDR bis 1990 die „Wehrkreiskommandos“ vornahmen.

Die Dauer des Grundwehrdienstes betrug anfangs ein Jahr und erreichte von 1962 bis 1972 im Kalten Krieg mit 18 Monaten ihren Höhepunkt. Nach der Wende wurden die jungen Leute noch für zehn, zuletzt nur für sechs Monate einberufen. Die letzten Einberufungen von Wehrpflichtigen gab es zum 1. Januar 2011.

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