Kontrolle: Flüchtlings-Handys sind kein Tabu mehr

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll Smartphones von Asylsuchenden auswerten dürfen.

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll Smartphones von Asylsuchenden auswerten dürfen. (Symbolbild)

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll Smartphones von Asylsuchenden auswerten dürfen. (Symbolbild)

Foto: dpa

Berlin. Der Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) betonte am Montag, beim Auslesen der Handy-Daten von Flüchtlingen gehe es insbesondere um die Feststellung ihrer Identität und ihrer Staatsangehörigkeit. Der Kreis derer, der demnach davon betroffen sein könnte, ist offenkundig alles andere als klein. Das geht zumindest aus dem unserer Redaktion vorliegenden 24-seitigen Referentenentwurf des Ministeriums hervor, mit dem „die bessere Durchsetzung der Ausreisepflicht“ erreicht werden soll.

Darin heißt es, im Jahr 2016 seien rund 280.000 Asylsuchende registriert worden. Bei 50 bis 60 Prozent der Antragsteller oder rund 150.000 wäre eine Überprüfung der Handys und anderer Datenquellen „angezeigt“ gewesen. Weil der Pass oder sonstige Ausweisdokumente fehlten. Zeitpunkt des Auslesens der Daten soll demnach die Registrierung als Asylsuchender sein, weshalb die Bundesregierung dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) diesen Eingriff rechtlich ermöglichen will.

Auf diese Maßnahme können die Ausländerbehörden der Länder schon zurückgreifen. Die Bundesbehörde ist hingegen bislang bei der Identitätsfeststellung vor allem auf Sprachgutachten und Befragungen angewiesen. Für das Auslesen von Handydaten benötigt sie einen richterlichen Beschluss.

Fehlen also Dokumente, soll laut Gesetzentwurf demnächst das BaMF die Adressdaten im Mobiltelefon beziehungsweise gespeicherte Verbindungsdaten überprüfen können. Vornehmen darf die Kontrolle aber nur ein Mitarbeiter mit „Befähigung zum Richteramt“, also ein Volljurist. Auch die Auswertung von Laptops oder Tablets soll möglich sein, weil diese Datenträger ebenfalls „wichtige Erkenntnisse liefern“ könnten, ob der Asylsuchende tatsächlich aus dem Land kommt, das er angibt.

Sollte der Betroffene Pin-Nummern oder Passwörter nicht freiwillig herausgeben, will die Regierung die Telekommunikationsanbieter verpflichten, „die Daten unverzüglich zu übermitteln“. Die Überprüfung der Smartphones soll mittels spezieller Hard- und Software erfolgen, so dass laut Entwurf etwa 2400 Datenträger pro Tag ausgelesen werden können. Zu den genannten Fallzahlen wollte sich das Innenministerium allerdings nicht äußern. Bei der Maßnahme handele es sich um einen sehr „grundrechtssensiblen Bereich“, so der Sprecher von de Maizière. Daher müsse man eher von Einzelfällen ausgehen.

Das Vorhaben ist jedenfalls Bestandteil des Maßnahmenkatalogs zur verstärkten Abschiebung, den Bund und Länder bereits vor gut zwei Wochen vereinbart hatten. In dem Gesetzentwurf ist daher auch die erweiterte Abschiebehaft für jene Ausreispflichtige vorgesehen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgeht. Wenn sie mangels Kooperation ihrer Herkunftsländer nicht innerhalb von drei Monaten abgeschoben werden können, sollen sie trotzdem in Haft bleiben. Geregelt wird auch der Einsatz der elektronischen Fußfessel für eine bessere Kontrolle von Gefährdern.

Darüber hinaus wird in dem Entwurf festgelegt, dass derjenige, bei dem der Verdacht besteht, dass er sich einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung entziehen will, in Zukunft zehn statt vier Tage in Ausreisegewahrsam genommen werden kann. Und: Geduldete Ausländer, die bei ihrer Identitätsfeststellung falsche Angaben gemacht haben, sollen künftig nicht mehr herumreisen dürfen. Dadurch werde ein „erleichtertes Untertauchen“ verhindert, heißt es im Gesetzentwurf.

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