Konfliktregion Abchasien wählt Ankwab zum Präsidenten

Suchumi/Moskau (dpa) - In dem zwischen Georgien und Russland umstrittenen Konfliktgebiet Abchasien hat bei der Präsidentenwahl der Kandidat Alexander Ankwab nach Angaben der Wahlkommission gewonnen.

Der 58 Jahre alte prorussische Interimspräsident habe nach Auszählung aller Wahlzettel 54,86 der Stimmen erhalten. Das teilte die Wahlkommission in der abchasischen Hauptstadt Suchumi am Schwarzen Meer am Samstag mit. Der russische Präsident Dmitri Medwedew gratulierte Ankwab zu seinem Sieg.

Unabhängige Beobachter sprachen mit Ausnahme kleinerer Mängel von einer insgesamt fairen und freien Wahl nach demokratischen Grundsätzen. Nach Behördenangaben verlief die Abstimmung ohne Zwischenfälle. Kritik gab es jedoch aus der Europäischen Union. Der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte, dass die EU „den verfassungsmäßigen und rechtlichen Rahmen nicht anerkennt, innerhalb dessen diese Wahlen stattfanden“.

Georgien hatte im August 2008 nach dem Südkaukasuskrieg gegen Russland die Kontrolle über Abchasien sowie sein abtrünniges Gebiet Südossetien komplett verloren. Die Führung in Tiflis kritisierte die Abstimmung als unrechtmäßig. Auch die EU und die USA lehnen eine Anerkennung der Unabhängigkeit von Abchasien ab.

Russland hingegen hatte das frühere sowjetische Ferienparadies mit Palmenstränden und bergigen Landschaften 2008 nach dem Krieg als unabhängiges Land anerkannt. Diesem Schritt folgten international nur wenige Länder. Die Abstimmung war nötig geworden, weil Präsident Sergej Bagapsch nach einer Lungenoperation in Mai in Moskau gestorben war.

Bei dem Urnengang kamen Premierminister Sergej Schamba auf 21,04 Prozent sowie der Oppositionskandidat Raul Chadschimba auf 19,83 Prozent der Stimmen, wie Wahlleiter Batal Tabagua mitteilte. Die Wahlbeteiligung gab er mit 71,92 Prozent unter den etwa 144 000 Berechtigten an. Schamba galt aus russischer Sicht also Favorit - er hatte mit Abstand die stärkste Wahlwerbung mit großen Plakaten.

Die Abchasen legen aber trotz ihrer starken finanziellen und militärischen Abhängigkeit von Russland traditionell Wert auf eigenständige politische Entscheidungen. In der Region sind zum Schutz vor möglichen neuen Angriffen aus Georgien nach Schätzungen 5000 russischen Soldaten stationiert.

Ankwab sagte in einer ersten Reaktion, dass Russland weiter strategischer Partner des Landes bleibe. Er hatte als Vizepräsident in den vergangenen drei Monaten nach dem Tod von Bagapsch vorübergehend die Amtsgeschäfte geführt. Ankwab versprach im Wahlkampf vor allem eine Besserung der medizinischen Versorgung, einen Wiederaufbau der Landwirtschaft und des Tourismus.

Abchasien ist immer noch von dem blutigen Konflikt mit Georgien unmittelbar nach dem Zerfall der Sowjetunion schwer gezeichnet. In einem Gespräch mit der Deutschen-Presse-Agentur hatte Ankwab wenige Tage vor der Wahl gesagt, dass die Trennung von Georgien unumkehrbar sei. Abchasien werde weiter um internationale Anerkennung ringen.

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