Koalition einigt sich auf Mini-Reform der Rente

Weitere Verbesserungen bei der Rente. Nahles macht mit "Gesamtkonzept" Wahlkampf.

 Darauf einigte sich unter anderem die Koalition: Wer 35 Versicherungsjahre hat, soll demnach auf eine Rente kommen, die zehn Prozent über dem jeweils regional unterschiedlichen Grundsicherungsbedarf liegt.

Darauf einigte sich unter anderem die Koalition: Wer 35 Versicherungsjahre hat, soll demnach auf eine Rente kommen, die zehn Prozent über dem jeweils regional unterschiedlichen Grundsicherungsbedarf liegt.

Foto: Stephan Scheuer

Berlin. Verbesserungen für Erwerbsgeminderte sowie eine schrittweise Angleichung der Ost- und West-Renten - darauf haben sich die Spitzen der schwarz-roten Koalition bei ihrem Rentengipfel am Donnerstagabend im Kanzleramt geeinigt. Am Morgen danach stellte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) darüber hinaus ein "Gesamtkonzept zur Alterssicherung" vor, das aber nicht gemeinsam verabredet wurde und eher die SPD-Wahlkampfpositionen enthält. Nachfolgend ein Überblick:

Rentner, die wegen Krankheit früher in den Ruhestand gehen mussten, gehören zu den besonders armutsgefährdeten Bevölkerungsgruppen. Schon das erste Rentenpaket von Schwarz-Rot sah für die Erwerbsgeminderten ein paar Verbesserungen vor. Dadurch stieg die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente von 628 auf 672 Euro. Derzeit ist unterstellt, dass die Betroffenen dafür bis 62 gearbeitet haben, auch wenn die meisten früher aus dem Job ausschieden. Nun soll diese Zurechnungszeit zwischen 2018 und 2024 auf 65 ausgeweitet werden. Am Ende käme ein Erwerbsgeminderter mit durchschnittlichem Verdienst dadurch auf etwa 90 Euro brutto mehr im Monat.

Bereits im Sommer hatte Nahles einen Zwei-Stufen-Plan vorgestellt, um die immer noch existierenden Unterschiede bei der Rentenberechnung in Ost und West bis zum Jahr 2020 abzubauen. Geeinigt haben sich Union und SPD nun auf einen deutlich längeren Weg bis zur Renteneinheit. Demnach soll der Unterschied zwischen den Rentenwerten Ost (28,66 Euro) und West (30,45 Euro) in sieben Schritten verschwinden. Und das auch erst zwischen 2018 und 2024. Im Gegenzug wird allerdings auch die bisherige Höherbewertung der Ost-Löhne bei den Rentenansprüchen deutlich langsamer abgebaut als von Nahles ursprünglich geplant. Das kommt den jetzigen Arbeitnehmern im Osten bei ihrer späteren Rente zugute. Schließlich verdienen sie im Schnitt immer noch weniger als im Westen. Die Extrakosten für die Angleichung steigen von 600 Millionen auf 3,9 Milliarden Euro im Jahr 2025. Laut Nahles werden sie aus Steuergeldern und nicht aus Beitragsmitteln beglichen. Das ist mit der Union aber offenbar noch strittig.

Zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge ist bereits ein Gesetzentwurf in der Ressortabstimmung. Auf ihrem Rentengipfel vereinbarten Union und SPD eine zügige Verabschiedung der Vorlage im Parlament. Vorgesehen sind zum Beispiel ein besonderer Förderbetrag für Geringverdiener und ein Freibetrag von bis zu 200 Euro für die private Vorsorge, der nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird. Damit lohnt sich die zusätzliche Altersvorsoge auch für Hartz-IV-Empfänger. Auf Betriebsrenten müssen aber auch weiterhin die vollen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, was die Attraktivität dieser Vorsorgeform erheblich beeinträchtigt.

Ursprünglich sollte es auch eine Art Mindestrente für Niedrigverdiener geben. Darüber hinaus wollte Arbeitsministerin Nahles eine Versicherungspflicht für Selbständige einführen, um auch diese Gruppe stärker vor Altersarmut zu schützen. Auf dem Rentengipfel gab es zu beiden Punkten jedoch keine Einigung. Sie sind aber im "Gesamtkonzept zur Alterssicherung" enthalten, das Nahles am Freitag als eine Art Forderungskatalog der SPD präsentierte. Wer 35 Versicherungsjahre hat, soll demnach auf eine Rente kommen, die zehn Prozent über dem jeweils regional unterschiedlichen Grundsicherungsbedarf liegt. Mit ähnlichen Plänen war schon die frühere Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gescheitert.

Neben den Beschlüssen der Koalitionsspitzen enthält die Nahles-Vorlage eine "doppelte Haltelinie" für die langfristige Entwicklung der Beiträge und des Rentenniveaus. Ein Rentner mit 45 Versicherungsjahren, der immer durchschnittlich verdient hat, soll demnach auch noch im Jahr 2045 auf Bezüge von mindestens 46 Prozent des jeweils aktuellen Durchschnittslohns kommen. Der Beitragssatz soll bis dahin nicht über 25 Prozent steigen. Wenn nichts geschehe, werde das Rentenniveau von heute rund 48 auf 41,7 Prozent im Jahr 2045 fallen, warnte Nahles. Um das zu verhindern, sind allerdings zweistellige Milliardenbeträge notwendig. Die SPD-Politikerin will deshalb einen "Demografiezuschuss" aus zusätzlichen Steuermitteln einführen. Dagegen hält die Union eine Stabilisierung des Rentenniveaus für überflüssig. Angesichts der jüngsten Rentenbeschlüsse sehe er auch keine Notwendigkeit, einen Rentenwahlkampf zu führen, meinte Fraktionschef Volker Kauder (CDU).

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