Nach Tat von Hameln Justiz weist Attacken der Polizei zurück

Richterbund sieht in Polizeigewerkschafter Wendt den „Donald Trump“ der Innenpolitik. Dieser hatte die Gerichte scharf kritisiert.

Der Tatort in Hameln

Der Tatort in Hameln

Foto: Hameln Police Handout

Düsseldorf. Mit deutlicher Kritik hat der Deutsche Richterbund auf die Worte des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, reagiert. Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Verbands, der die Interessen der Richter und Staatsanwälte vertritt, sieht die Angriffe von Wendt auf die Justiz als Anzeichen dafür, dass dieser „endgültig im postfaktischen Bereich“ angekommen sei. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagte Rebehn, was Wendt über die Justiz, über die Richter und Staatsanwälte sage, sei „grob böswillig“ und habe einen „ehrabschneidenden Beiklang“.

Wendt: Polizei fühlt sich von der Justiz alleingelassen

Wendt hatte zuvor die Gerichte scharf angegriffen. „Die Justiz ist sich ihres Schutzauftrags nicht bewusst“, sagte er. Ausbildung und Berufungsverfahren sollten überprüft werden. „Die volle Härte des Gesetzes heißt heute oft, wir stellen von Straftätern die Personalien fest, und Richter lassen sie wieder frei“, so Wendt. Er verwies auf den Fall in Hameln (s. Infokasten). Der Mann habe eine „lange Gewaltkarriere“ hinter sich, sei trotzdem auf freiem Fuß gewesen. „Es wird sich ein Richter finden, der ihm auch jetzt wieder eine positive Sozialprognose geben wird.“

Wendt hatte in der „Passauer Neuen Presse“ auch kritisiert, dass zuletzt Hunderte von Polizisten wochenlang rund um die Uhr gearbeitet hätten, um erfolgreich eine Razzia gegen die Salafisten-Szene durchführen zu können. Kurz darauf hätten sie erleben müssen, wie ein Gericht in Wuppertal die sogenannte Scharia-Polizei freispreche. „Das ist unfassbar und ein verheerendes Signal“, kritisierte Wendt. Die Polizei fühle sich „von der Justiz alleingelassen“.

Rebehn sagte, er könne nicht die Einzelfälle Hameln oder Wuppertal beurteilen, doch die Justiz entscheide selbstverständlich objektiv, wobei alle be- und entlastenden Aspekte zu berücksichtigen seien. Rebehn: „Was die Justiz macht, richtet sich nach Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung, nicht nach dem Bauchgefühl von Herrn Wendt.“ Der Polizeigewerkschafter übe sich in plumpem Populismus und gebe damit „den Donald Trump der deutschen Innenpolitik“.

Tatsache sei, dass die Justiz keinesfalls einen Laisser-Faire-Kurs gegenüber Straftätern fahre. Das Verhältnis der von Richtern ausgesprochenen Freiheitsstrafen zu Geldstrafen sei in den vergangenen 30 Jahren in etwa gleich geblieben. Und bei Körperverletzungsdelikten komme es in zwei Drittel aller Fälle zu Freiheitsstrafen.

Rebehn kritisierte auch die häufig nach spektakulären Straftaten von Politikern ausgesprochene Floskel, man werde „mit aller Härte des Gesetzes auf die Tat reagieren“. Wer so etwas sage, müsse die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte auch personell in die Lage versetzen, das in der Praxis effektiv umzusetzen.

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