Jens Spahn im Interview Jens Spahn: „Wenn wir die einzigen sein sollten, die am Ende regieren wollen, dann ist das eben so"

Berlin. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn gilt als kommender Mann in der Union. Der 37-Jährige ist bereits Staatssekretär im Finanzministerium. Im Gespräch mit unserer Redaktion nennt er Bedingungen für eine Neuauflage der Großen Koalition mit der SPD.

 CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn.

Foto: Bernd von Jutrczenka

Ein Haushalt ohne neue Schulde bleibe das Markenzeichen der Union, so Spahn.

Herr Spahn, hat Unions-Minister Schmidt mit seiner Glyphosat-Entscheidung den GroKo-Gesprächen einen Bärendienst erwiesen?

Jens Spahn: Der Vorgang zeigt, dass eine geschäftsführende Regierung auf Dauer kein guter Zustand ist. Wir sollten uns deshalb jetzt alle bemühen, schnell aus dieser Übergangsphase herauszukommen.

Halten Sie die SPD-Empörung für gespielt?

Jens Spahn: Das Thema Glyphosat ist mit vielen Emotionen belegt. Wir sollten nach vorne schauen. Deutschland braucht eine Regierung, die Lust auf Zukunft macht und die nach dem Wahlergebnis die Gesellschaft befriedet.

Und das soll ein Große Koalition leisten? Die Erfahrungen der letzten vier Jahre sind eher andere.

Jens Spahn: Das kann eine Große Koalition dann leisten, wenn die Partner den Blick nach vorne richten. Die letzten vier Jahre waren doch nicht erfolglos. Deutschland geht es so gut wie nie, Löhne und Renten steigen. Wahr ist allerdings: Wir haben viel dafür getan, den erreichten Wohlstand zu genießen. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass Wirtschaft und Wohlstand weiter wachsen und es uns in zehn Jahren immer noch sehr gut geht.

Welche Botschaft muss denn von einer möglichen neuen GroKo ausgehen?

Jens Spahn: Der Anspruch muss sein, die Lebenslagen möglichst vieler Bürger zu verbessern. Und zwar vor allem auch derer, die mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass wir uns einen starken Sozialstaat leisten können. Wir wollen die Facharbeiter, die Krankenschwester, Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen entlasten. Und wir müssen die Sorgen der Bürger ernst nehmen: Wenn in der Schulkasse viele Kinder mit Migrationshintergrund sind, dann fragen sich die Eltern: Was heißt das für mein Kind und dessen Bildungschancen? Wenn sich in manchen Ballungsräumen sogar Doppelverdiener schwertun eine Wohnung zu finden, dann müssen wir darauf Antworten finden.

Gerade beim Thema Wohnen liegen Sie nahe bei der SPD.

Jens Spahn: In der Problembeschreibung sicherlich. Aber die SPD setzt auf Eingriffe in den Markt wie mit der Mietpreisbremse oder will mit immer mehr staatlichem Geld Sozialwohnungen bauen. Damit ist aber all denen nicht geholfen, die hart arbeiten, aber bei kleinen und mittleren Einkommen kein Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Wir werben dafür, mehr Wohnungen zu bauen. Durch schnellere Genehmigungsverfahren, durch steuerliche Sonderabschreibungen für Investoren und durch Förderung von Familien bei der Eigentumsbildung durch ein Baukindergeld.

Gibt es für Sie rote Linien? Beispielsweise die Bürgerversicherung, die die SPD will?

Jens Spahn: Es kamen nicht besonders viele Bürger zu mir im Wahlkampf, die gesagt haben, die Bürgerversicherung ist das Thema, das mich beschäftigt. Wenn wir ernsthaft über ein neues Bündnis reden wollen, sollten wir die richtigen Schlüsse aus dem Wahlergebnis ziehen. Da geht es um Vertrauen in staatliches Handeln, die Begrenzung der Migration, die Durchsetzung von Recht und um die Frage, ob es den eigenen Kindern einmal besser geht. Da müssen wir Lösungen anbieten. Ein Haushalt ohne Neuverschuldung ist ein Markenzeichen der Union und muss das auch bleiben.

Kann die Union denn noch hinter dem zurückfallen, was sie bei den Jamaika-Gesprächen schon als Kompromisse angeboten hat?

Jens Spahn: Wir fangen jetzt neu an. Auf Basis der jeweiligen Wahl- und Regierungsprogramme. Deswegen müssen Kompromisse auch wieder neu erarbeitet werden.

Was, wenn eine GroKo nicht zustande kommt?


Jens Spahn: Neuwahlen sind die schlechteste Option. Die Bürger haben gewählt, damit sollten wir arbeiten. Alles andere wäre eine komische Auffassung von Demokratie. Deswegen sollten wir als Union keine Angst davor haben, alleine zu regieren. Wenn wir die einzigen sein sollten, die am Ende regieren wollen, dann ist das ebenso.

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