Innenministerium verbietet linksextremistische Internetplattform

Schlag gegen die linksextreme Szene im Netz: Schon lange haben die Behörden die Seite „linksunten-indymedia“ im Visier. Vier Wochen vor der Bundestagswahl verbietet der Innenminister sie - auch ein Zeichen im Wahlkampf?

 Autonome während des G20-Gipfels im Hamburger Schanzenviertel.

Autonome während des G20-Gipfels im Hamburger Schanzenviertel.

Foto: Markus Scholz

Berlin. Sieben Wochen nach den linksextremen Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg hat das Bundesinnenministerium die linksextremistische Internetplattform „linksunten.indymedia.org“ verboten. Minister Thomas de Maizière (CDU) will die Öffentlichkeit an diesem Freitagvormittag in Berlin über Details informieren. Eine Verbotsverfügung wurde den in Freiburg lebenden Betreibern der Plattform am Morgen zugestellt, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin aus Sicherheitskreisen erfuhr. Zuerst hatte „Spiegel Online“ über das Verbot berichtet.

Den Sicherheitsbehörden gilt die Anfang 2009 gestartete Seite als einflussreichstes Medium der linksextremen Szene in Deutschland - und als Forum für gewaltbereite Autonome. Im Zusammenhang mit den Krawallen am Rande des G20-Gipfels spielte die Seite eine wichtige Rolle, auf ihr wurde nach Angaben des Verfassungsschutzes auch zu gewalttätigen Protesten aufgerufen. Auf der Seite können Nutzer anonym Beiträge veröffentlichen. Die Seite laufe „nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider“ und richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, heißt es laut „Spiegel Online“ in der Bekanntmachung des Ministeriums. Die Kennzeichen des Vereins wurden ebenfalls verboten.

"Apocalypse Now" - G20-Randale in Hamburg
34 Bilder

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Am Morgen wurden nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen im Zusammenhang mit dem Verbot Räumlichkeiten in Freiburg durchsucht. „Aktuell finden noch Durchsuchungen mehrerer Objekte statt“, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Dabei sollte die Verbotsverfügung drei Betreibern der Plattform ausgehändigt werden. Festnahmen oder Verhaftungen waren demnach nicht geplant. Es sollte aber Beweismaterial wie Computer sichergestellt und mögliches Vereinsvermögen beschlagnahmt werden.

Beim Verbotsverfahren gegen die Plattform wandten die Sicherheitsbehörden einen Kniff an: Förmlich soll es sich um ein Vereinsverbot handeln - die Betreiber wurden demnach von den Behörden als Verein eingestuft. Strobl sagte: „Diese Maßnahmen sind ein schwerer Schlag gegen die linksextremistische Szene in Deutschland.“ Im aktuellen Verfassungsschutzbericht heißt es: „Bei „linksunten.indymedia“ handelt es sich um das inzwischen wichtigste Medium des gewaltorientierten Linksextremismus. Seit Jahren bietet es ein Forum für weitgehend distanzlose Berichte über linksextremistische Agitation und Straftaten.“

Der Verfassungsschutz schreibt weiter, die Plattform sei „inzwischen das am meisten genutzte Forum für Selbstbezichtigungsschreiben gewaltorientierter Linksextremisten“. Die meisten der dort veröffentlichten Taterklärungen blieben länger auf der Plattform eingestellt. Zudem würden dort auch Solidaritätserklärungen für die drei flüchtigen Mitglieder der ehemaligen „Rote Armee Fraktion“ (RAF), Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg, veröffentlicht. Die drei sind Tatverdächtige im Zusammenhang mit schweren Verbrechen, sie werden seit langem von der Polizei gesucht.

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