Hochzeitsreise hat für Wulff kein juristisches Nachspiel

Hannover (dpa) - Die Hochzeitsreise von Christian Wulff und seiner Frau Bettina nach Italien wird kein juristisches Nachspiel für den Ex-Bundespräsidenten haben. Es gebe „keine zureichenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten“, teilte die Staatsanwaltschaft Hannover am Dienstag mit.

Seit Mitte Juli hatten die Ermittler geprüft, ob sich Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer Regierungschef mit den Flitterwochen im Ferienhaus eines deutschen Versicherungsmanagers im März 2008 einer Vorteilsannahme im Amt schuldig gemacht hatte.

Auch die seit Mitte Juni bekannten Vorwürfe zur Verwendung eines Preisgelds in Höhe von 10 000 Euro rechtfertigen keinen „Anfangsverdacht für verfolgbare Straftaten“. Wulff war im vergangenen Herbst vom Zentralrat der Juden in Deutschland mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet worden. Das zunächst auf seinem Privatkonto gelandete Preisgeld hatte Wulff nach eigenen Angaben an ein israelisches Krankenhaus gespendet.

Anlass für die Vermutung der Vorteilsannahme im Amt war eine Abstimmung im Bundesrat, bei der Niedersachsen gegen einen eigenen Kabinettsbeschluss stimmte. Hierbei ging es um Vorteile für die Versicherungsbranche. Der Topmanager eines niedersächsischen Versicherungskonzerns hatte Wulff zuvor in einem Brief um ein entsprechendes Stimmverhalten gebeten.

„Das Abstimmungsverhalten im Bundesrat entspricht standortpolitischen Entscheidungen und Vorstellungen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff in anderen Fällen“, erklärte die Staatsanwaltschaft jetzt. Zudem gebe es mit der „kurz zuvor stattgefundenen Hochzeit einen plausiblen privaten Einladungsanlass“ und die Eheleute Wulff hätten ihre Flugkosten selbst getragen.

Wulff zog es auch am Dienstag vor, zu schweigen. „Seit seinem Rücktritt (...) hat sich (...) Wulff nicht öffentlich zu dem laufenden Ermittlungsverfahren geäußert“, teilte sein Verteidiger Gernot Lehr mit. Er bitte daher um Verständnis, dass Wulff auch in diesem Fall „keine Stellungnahme abgeben“ werde.

Auch Wulffs Nachfolger in Hannover, Ministerpräsident David McAllister (CDU), wollte sich nicht äußern. Einzig die Chefin der Staatskanzlei, Christine Hawighorst, gab sich weniger wortkarg: „Es gibt da überhaupt nichts, was beruhigend oder beunruhigend sein soll, es ist einfach ein Zwischenstand eines Verfahrens, das wir beobachten, aber in dem wir nicht originär beteiligt sind.“

Ungeachtet der jetzigen Entscheidung prüfen die Ermittler weiterhin, ob Wulff sich in drei anderen Fällen der Vorteilsannahme im Amt schuldig gemacht hat. Anlass für die in der deutschen Geschichte einmaligen Ermittlungen gegen ein ehemaliges Staatsoberhaupt sind drei Hotelaufenthalte in den Jahren 2007 und 2008 auf Sylt und in München, die Wulff von dem Filmproduzenten David Groenewold angenommen haben soll. Wulff betonte dagegen bislang, alle Kosten selbst getragen zu haben.

„Bargeldgeschäfte sind ihrer Eigenart schwer zu überprüfen“, heißt es in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft. Das Landeskriminalamt werde dazu „in Kürze“ einen Zwischenbericht vorlegen, betonte Staatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel. Wann mit weiteren Erkenntnissen zu rechnen sei, könne dagegen nicht gesagt werden.

Seit Februar dieses Jahres ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Wulff - bereits jetzt ein Mammutverfahren, bei dem 93 Zeugen vernommen und mehr als eine Million E-Mails und SMS ausgewertet werden mussten. Unmittelbar nachdem bekanntgeworden war, dass die Anklagebehörde einen Antrag auf Aufhebung der Immunität gestellt hatte, war Wulff am 17. Februar vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten.

Das bereits seit Januar laufende Verfahren gegen den ehemaligen Vertrauten und Sprecher Wulffs, Olaf Glaeseker, wegen möglicher Bestechlichkeit könnte dagegen schon bald zu Ende sein. Glaesekers Anwalt habe angekündigt, im November 2012 eventuell erstmals Stellung zu den konkreten Vorwürfen beziehen zu wollen. Dazu sagte Lendeckel: „Zumindest theoretisch wäre der Fall dann abschließbar.“

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