Zulassung Glyphosat: Keine Bewegung bei den Genossen

Im Streit um Glyphosat stellen die SPD-Minister auf stur. Deutschland muss sich deshalb enthalten.

Diesmal wird in der Regierung um Glyphosat gestritten. (Archivfoto)

Diesmal wird in der Regierung um Glyphosat gestritten. (Archivfoto)

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Berlin. Bei der am Dienstag in Meseberg begonnenen Regierungsklausur steht das umstrittene Thema nicht offiziell auf der Tagesordnung: Glyphosat. Doch wahrscheinlich ist, dass Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Rande darüber beraten werden. Was Schmidt dann zu hören bekommen wird, dürfte ihm nicht gefallen: Hendricks und ihre SPD-Kabinettskollegen beharren auf das Aus von Glyphosat in der Landwirtschaft.

Keine Bewegung bei den Genossen. Es sei offen, begründete Hendricks am Dienstag in Berlin, ob der in Deutschland auf 40 Prozent der Acker- und Feldflächen eingesetzte Unkrautvernichter krebserregend sei oder nicht. "Alle SPD-geführten Ressorts haben sich daher entschlossen, Nein zu einer Wiedergenehmigung von Glyphosat zu sagen, so lange die gesundheitlichen Risiken nicht restlos geklärt sind", betonte die Ministerin. Da sei ein klares Bekenntnis zum Vorsorgeprinzip.

Gleichwohl ist diese Gewissheit bei den sozialdemokratischen Ressortchefs erst langsam gereift. Hendricks räumte ein, dass die Initialzündung für den Sinneswandel aus der Bundestagsfraktion gekommen sei. Die Abgeordneten hatten die Minister aufgefordert, sich anders als geplant gegen den weiteren Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft oder in Gärten auszusprechen. Diesem Druck wurde dann nachgegeben. Allerdings gibt es auch Gerüchte, die besagen, dass dem Kurswechsel vor allem eine der berühmten Bauchentscheidungen von Parteichef Sigmar Gabriel zugrunde liegt.

Im Ergebnis hat die Haltung der Genossen zu einer handfesten Koalitionskrise geführt. Hendricks mahnte am Dienstag freilich zur Gelassenheit. Es sei üblich, das man sich bei unvereinbaren Positionen innerhalb der Koalition dann auf europäischer Ebene enthalte. Dies sehe der Koalitionsvertrag vor. Einen Seitenhieb gegen Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) konnte sich Hendricks freilich nicht verkneifen. Er sei in der gesamten Debatte "seltsam ruhig geblieben", stichelte sie. Obwohl es um den Gesundheitsschutz gehe. Die Auseinandersetzung führt die Umweltministerin vor allem mit CSU-Landwirtschaftsminister Schmidt, der den Einsatz von Glyphosat weiter erlauben will. Zuletzt war die Kanzlerin Schmidt zur Seite gesprungen - was wiederum die These von der Koalitionskrise stützt.

Auslöser des Streits sind unterschiedliche Bewertungen internationaler und deutscher Experten von Glyphosat. Die einen sagen "wahrscheinlich krebserregend", die anderen behaupten das Gegenteil. Wenn nicht noch in letzter Minute eine Einigung in der Bundesregierung herbeigeführt wird, enthält sich Deutschland bei der Abstimmung über die Weitergenehmigung, wodurch eine Mehrheit für die Wiederzulassung in der EU unsicher ist. Zuletzt war in Brüssel aufgrund der unklaren Mehrheitsverhältnisse eine endgültige Entscheidung vertagt worden.

Die aktuelle Zulassung von Glyphosat gilt noch bis zum 30. Juni. Anschließend können Bestände der umstrittenen Chemikalie noch anderthalb Jahre lang weiterverkauft und verwendet werden. Eine Kompromisslösung, hieß es am Dienstag, sei nach wie vor nicht in Sicht. Gleichwohl ist eine mögliche befristete Verlängerung der Zulassung im Gespräch. Aber auch der würden die SPD-Ressorts dem Vernehmen nach nicht zustimmen. Sie wollen jetzt abwarten, bis das Ergebnis eines von Deutschland beantragten EU-Verfahrens vorliegt, mit dem noch einmal eine gesundheitliche Einstufung des Stoffes vorgenommen wird. Und das kann dauern.

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