Bundesregierung Gesetz gegen Kinderehen soll nun ganz schnell kommen

Auch Deutsche dürfen künftig nicht mehr unter 18 heiraten — Maas setzt sich mit Härtefallregelung durch

Nach der Einigung der Koalitionsspitzen will Justizminister Heiko Maas (SPD) das Gesetz zum Verbot von Kinderehen nun zügig umsetzen.

Nach der Einigung der Koalitionsspitzen will Justizminister Heiko Maas (SPD) das Gesetz zum Verbot von Kinderehen nun zügig umsetzen.

Foto: dpa

Berlin. Nach der Einigung der Koalitionsspitzen will Justizminister Heiko Maas (SPD) das Gesetz zum Verbot von Kinderehen nun zügig umsetzen, wie er unserer Redaktion sagte. „Wir werden den Entwurf noch diese Woche in die Ressortabstimmung geben“. Viel Arbeit hat er nicht. Denn was nach einigem Hickhack beschlossen wurde, entspricht weitgehend seinem ersten Vorschlag von Anfang November. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie groß ist das Problem der Kinderehen?

Weltweit gigantisch. Rund 15 Millionen Mädchen unter 18 Jahre werden jedes Jahr verheiratet, oft gegen ihren Willen. Mit der Flüchtlingswelle kommt das Thema verstärkt nach Deutschland. Im letzten Sommer wurden hierzulande 1475 minderjährige Verheiratete gezählt, davon waren 361 sogar unter 14 Jahre alt. Fast ausnahmslos Mädchen. Weil der grundgesetzliche Schutz der Ehe gilt, wissen Gerichte und Behörden nicht, wie sie mit solchen Kinderehen umgehen sollen. Hinzu kommt: Es gibt auch legale Eheschließungen unter 18 Jahren nach deutschem Recht, und zwar, wenn wenigstens einer der Partner volljährig und der andere nicht jünger als 16 ist. Allerdings müssen die Familiengerichte zustimmen. Doch wurde von dieser Möglichkeit zuletzt nur noch 50 Mal pro Jahr Gebrauch gemacht.

Wie soll die Reform aussehen?

Künftig sollen in Deutschland Ehen nur noch geschlossen werden können, wenn beide Partner 18 Jahre alt sind; Ausnahmen gibt es nicht mehr. Ehen mit Minderjährigen unter 16, die nur im Ausland geschlossen worden sein können, werden mit der Novelle als von vornherein nichtig betrachtet, als Nicht-Ehe. Eine formelle Aufhebung ist nicht erforderlich. Die minderjährigen Partner aus solchen Ehen werden in die Obhut der Jugendämter genommen und ihren „Ehegatten“ entzogen.

Was ist mit Zweifelsfällen?

Um die Gruppe der 16- bis 18-jährigen Verheirateten hatte sich der Streit entzündet. Sie machen mit 994 Fällen den größten Anteil der Kinderehen in Deutschland aus. Vor allem die CSU hatte verlangt, auch sie generell für nichtig zu erklären. Solche Stimmen gab es ebenfalls aus der SPD. Maas hatte jedoch von Anfang um eine Einzelfallprüfung in Härtefällen geworben, wie sie nun auch kommt: Die Jugendämter sollen zwar jetzt die Aufhebung aller solcher im Ausland geschlossenen Ehen von 16- bis 18-jährigen beantragen, die letzte Entscheidung aber liegt bei den Familiengerichten (Aufhebungslösung).

Warum soll es die Ausnahme geben?

Maas schilderte gegenüber unserer Redaktion das Beispiel einer Frau, die mit 17 Jahren in den USA geheiratet, Kinder bekommen und zwanzig Jahre lang eine glückliche Ehe geführt habe und dann mit ihrem Mann nach Deutschland ziehe. „Da sehen wir wenig Gründe dafür, warum diese Ehe zwingend für null und nichtig erklärt werden muss“. Für die Aufhebungslösung sprach sich auch Unions-Fraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) aus. „So kann den Betreffenden von einem Richter erklärt werden, warum ihre Zwangsheirat hier nicht gilt, und welche Konsequenzen das für sie hat“, sagte Harbarth unserer Redaktion. Die in Deutschland nach bisherigem Recht geschlossene Ehen mit einem Partner zwischen 16 und 18 sollen hingegen nicht nachträglich überprüft werden.

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