#Breitscheidplatz Gemeindevorstand zum Anschlag: "Offenheit bleibt unsere christliche Botschaft"

Wie Anselm Lange, Gemeindevorstand der Berliner Gedächtniskirche, mit dem Anschlag umgeht.

Der Anschlag ereignete sich im Schatten der Gedächtniskirche.

Der Anschlag ereignete sich im Schatten der Gedächtniskirche.

Foto: Britta Pedersen

Berlin. Bis weit nach Mitternacht war Anselm Lange, Vorsitzender des Gemeinderates der Evangelischen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, am Tatort und gab Interviews. Oft schossen ihm dabei die Tränen in die Augen. Am Dienstagmorgen sprach unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff mit dem 47jährigen.

F.: Was bedeutet so ein Ereignis direkt vor Ihrer Kirche für Ihre Gemeinde?

A.:
Es sind schreckliche Ereignisse. Wir sind heute früh in den Gremien zusammengekommen, um zu diskutieren, wie wir den Angehörigen Unterstützung und Hilfe geben können. Wir legen in der Kirche eine Kondolenzliste aus und werden am Abend einen Gedenkgottesdienst haben. Ein Konzert mit Vicky Leandros haben wir deswegen abgesagt.

F: Wie haben sie die Situation am Montagabend empfunden?

A.:
Es war ein Moment der Hilflosigkeit für uns alle. Eigentlich hätten wir die Kirche aufmachen müssen für die Menschen, um einen Ort des Trostes zu bieten. Aber der Tatort ist nur 30 Meter weg vom Eingang; alles musste zunächst weiträumig abgesperrt werden. Wir hatten zum Glück am Montagabend keine Veranstaltung in der Kirche. Sonst wären noch mehr Menschen zur Tatzeit in der Umgebung und auf dem Markt unterwegs gewesen.

F.: Jetzt wächst wieder der Hass gegen Flüchtlinge, weil der Täter möglicherweise als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist.

A.:
Das steht zu befürchten. Die Rechten machen nach jedem solchen Ereignis, egal, wo es passiert, immer eine schreckliche Ausbeute. Ich gehe davon aus, dass es auch hier so sein wird. Unsere Kirche hat einen ganz besonderen Auftrag aufgrund des Mahnmals, des zerstörten Glockenturms. Der Berliner Breitscheidplatz ist und bleibt ein Platz der Versöhnung und des Friedens. Das wird auch in dieser schwierigen Zeit unsere Botschaft sein. Die anderen rufen häufig lauter. Aber gerade jetzt gilt es, plumpen Vorurteilen entgegenzuwirken.

F.: Wenn es ein islamistischer Anschlag war, dann wäre es genau ein Angriff auf diese Friedenssymbolik, auf das Christentum und auf den Advent.

A.:
Ich warte erst ab, was die Ermittler über die Hintergründe des Anschlages sagen. Dazu ist es jetzt noch zu früh.

F.: Wenn es so wäre, was sagen Sie den Christen zu Weihnachten?

A.:
Ich werde allen Christen sagen, dass sie sich trotzdem nicht Vorurteilen hingeben und solche befördern dürfen. Wir müssen uns unsere Offenheit bewahren und ein friedliches Zusammenleben der Menschen anstreben. Dafür steht Kirche, und Weihnachten ist und bleibt die Zeit, um diese Botschaft zu verkünden.

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