FDP-Chef Rösler im Interview: „Vorbild für ganz Europa“

FDP-Chef Philipp Rösler spricht im Interview über die Euro-Krise, die Etatpolitik in Berlin und die eigenen Aussichten.

Herr Rösler, erst vor kurzem haben Sie noch einer geordneten Insolvenz Griechenlands das Wort geredet. Da muss es Sie doch schwer stören, wenn das Land jetzt sogar noch zwei Jahre Aufschub beim Sparen und Reformieren bekommen soll.

Rösler: Grundlage unserer Entscheidung ist der Troika-Bericht. Den müssen wir abwarten. Er wird zeigen, ob sich der internationale Druck gelohnt hat und die griechische Regierung Fortschritte bei den Reformvereinbarungen belegen kann. Weitere Hilfen oder einen zeitlich begrenzten Aufschub wird es nur dann geben, wenn Griechenland erkennbare Reformanstrengungen auf den Weg gebracht hat.

Ist die Zustimmung der FDP-Fraktion im Bundestag zu einem dritten Hilfspaket für Griechenland denkbar?

Rösler: Bei der jetzigen Diskussion geht es um Hilfen für Griechenland aus dem laufenden Programm. Für ein drittes Paket sehe ich derzeit keine politische Mehrheit.

Fast noch schlechter als Griechenland geht es der FDP. Drei Prozent in der jüngsten Umfrage. Warum kommt Ihre Partei nicht aus dem Keller heraus?

Rösler: Mit Verlaub: Ihren Vergleich halte ich für unzulässig. Wir müssen weiter für unsere Themen kämpfen. Dabei geht es um die Stabilität unserer Währung, um bezahlbaren Strom, die Sicherung von Arbeitsplätzen und keine neuen Schulden. Die wirtschaftliche Lage wird 2013 schwieriger werden. Hier liegen wir mit unseren Themen genau richtig.

Müssen Sie sich die schlechten Werte nach nunmehr eineinhalb Jahren im Amt als FDP-Vorsitzender auch persönlich anrechnen lassen?

Rösler: Ich richte den Blick nach vorne. Wenn es gelingt, unsere Inhalte geschlossen zu vertreten, dann wird es wieder aufwärts gehen.

Hängt Ihr politisches Schicksal als FDP-Vorsitzender und letztlich auch als Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler vom Ausgang der Niedersachsen-Wahl im Januar ab?

Rösler: Bei der Wahl geht es um die Zukunft der Menschen in Niedersachsen. CDU und FDP haben dort Enormes geleistet. Beim Wachstum liegt Niedersachsen mittlerweile auf Platz zwei in Deutschland. Mit Haushaltsdisziplin und Bildung setzt die FDP auf wichtige Zukunftsthemen. Ich bin deshalb fest davon überzeugt, dass die Wahl für uns ein Erfolg wird.

Neuerdings betonen Sie das Thema Haushaltskonsolidierung. Das ist wenig glaubwürdig, wenn sie am 4. November beim Koalitionsgipfel dem zwei Milliarden Euro teuren Betreuungsgeld zustimmen sollten.

Rösler: Bei allen Ausgaben müssen wir immer die Haushaltskonsolidierung im Blick behalten. Darauf pocht die FDP. Wir wollen, dass diese Regierung ein Signal der Stabilität setzt und damit auch eine Vorbildfunktion in Europa übernimmt. Bisher ist ein ausgeglichener Haushalt erst für das Jahr 2016 vorgesehen. Hier müssen wir uns ehrgeizigere Ziele vornehmen. Der Weg hin zur schwarzen Null ist bereits im Haushalt 2014 möglich, wenn wir uns gemeinsam anstrengen.

Ist das die Bedingung für ihr Ja zum Betreuungsgeld?

Rösler: Mehr Anstrengungen bei der Haushaltskonsolidierung gilt auch für das Betreuungsgeld, bei dem wir auf die Finanzierbarkeit achten sollten. Wir müssen prüfen, ob wir auch hier zu Einsparungen kommen. Und zu einer Bildungskomponente, die ich dabei für notwendig halte. Daneben konzentrieren wir uns auf die Abschaffung der Praxisgebühr. Und dringender Handlungsbedarf besteht auch bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

Ist auch die Aufhebung der Praxisgebühr für Sie eine Voraussetzung für ein Ja zum Betreuungsgeld?

Rösler: Jedes Thema wird für sich besprochen, dabei bleibt es. Die Praxisgebühr hat die gewünschte Lenkungswirkung nicht erreicht und bürokratischen Aufwand verursacht, unter dem das Arzt-Patienten-Verhältnis leidet. Die Abschaffung der Praxisgebühr ist der beste Weg, die Menschen zu entlasten.

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