Ex-Innenminister Gerhart Baum: „Wir müssen das braune Gedankengut bekämpfen“

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) lehnt ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD ab.

Berlin/Düsseldorf. Die Bundesländer werden in dieser Woche voraussichtlich einen neuen Antrag auf Verbot der NPD beschließen. Der Ausgang eines solchen Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht gilt jedoch als völlig ungewiss.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bekräftigte am Sonntag seine Skepsis und kündigte an, den Ministerpräsidenten und dem Bundeskabinett nochmals die Risiken zu verdeutlichen. Damit droht auf der Innenministerkonferenz am Mittwoch ein Konflikt.

Der frühere Bundesinnenminister und Düsseldorfer Rechtsanwalt Gerhart Baum (80/FDP) ist gegen einen NPD-Verbotsantrag in Karlsruhe. Das sei nur eine „Ersatzhandlung“, sagte Baum im Gespräch mit unserer Zeitung.

Herr Baum, ein NPD-Verbotsverfahren rückt näher. Welche Aussichten auf Erfolg sehen Sie?

Gerhart Baum: Für mich kommt es nicht auf Erfolg oder Misserfolg an. Ich bin grundsätzlich ein Gegner von Parteiverboten. Die Bundesrepublik hat damit schlechte Erfahrungen gemacht. Ein Verbotsverfahren ist für mich nur eine Ersatzhandlung, die von dem eigentlichen Problem ablenkt. Politik und Gesellschaft müssen alles tun, um das braune Gedankengut in den Köpfen zu bekämpfen.

Begrüßen Sie die zögerliche Haltung von Bundesinnenminister Friedrich?

Baum: Diese Haltung ist richtig. Allerdings hat er wohl ein anderes Motiv. Friedrich ist sich nicht sicher, ob ein Verfahren erfolgreich enden wird. Mein Motiv ist grundsätzlicher Natur: Keine andere europäische Demokratie kennt das Instrument des Parteiverbotes. Immerhin ist die NPD ein Mitbewerber bei Wahlen. Dort muss sie geschlagen werden.

Das ist leichter gesagt als getan. Wie würden Sie die NPD politisch bekämpfen?

Baum: Es geht nicht ohne Argumente. Außerdem müssen die Demokraten dort hingehen, wo die Braunen stark sind. Junge Menschen brauchen Lebens- und Berufsperspektiven. Unterstützung verdienen alle Menschen und Organisationen, die das tun.

Welche Folgen hätte ein zweites Scheitern eines Verfahrens?

Baum: Die Verantwortlichen bei Bund und Ländern würden sich trotzdem stolz auf die Brust klopfen und sagen, jetzt haben wir aber alles nur Mögliche versucht, mehr geht nicht. Ein Scheitern wäre aber eine Niederlage für den Rechtsstaat und eine Unterstützung für eine NPD, die ohnehin dahinsiecht. Auf der anderen Seite muss man übrigens sehen, dass bei einem Erfolg in Karlsruhe sofort weitere Ersatzorganisationen der Rechten aus dem Boden sprießen werden. Einige gibt es jetzt schon. Ein Verbotsantrag hat demnach eine nachhaltige Wirkung.

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