Politik Die SPD-Altvorderen raten zur Groko

Ehemalige sozialdemokratische Parteigranden sehen keine Alternative zur Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Union. Eichel fordert Verzicht von Schulz auf ein Ministeramt.

Ehemalige sozialdemokratische Parteigranden sehen keine Alternative zur Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Union.

Ehemalige sozialdemokratische Parteigranden sehen keine Alternative zur Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Union.

Foto: Andreas Arnold

Berlin. Ratschläge an die Nachkommenden sind oft Schläge. Deshalb halten sich ehemalige Politgrößen meist zurück. Angesichts der schwierigen Lage waren etliche der von uns befragten ehemaligen SPD-Promis aber dennoch zu einer Aussage bereit. Die meisten ermuntern den Parteitag am kommenden Sonntag, den Weg für Koalitionsverhandlungen mit der Union freizumachen. Hier die Antworten:

Wolfgang Thierse, Ex-Bundestagspräsident: „Weder Angst noch Trotz helfen jetzt der SPD. Ein Nein zu Koalitionsverhandlungen hieße nach dem Motto zu verfahren: Da wir nicht alles erreicht haben, wollen wir gar nichts erreichen — sondern den Weg zu Neuwahlen und dann in eine ziemlich machtlose Opposition gehen. Besser wäre, das bisher Erreichte in weiteren Verhandlungen noch zu verbessern und das Ergebnis danach der Partei vorzulegen. Das nicht zu tun, wäre Misstrauen gegenüber den Mitgliedern. Allerdings: Nach den bisherigen Groko-Erfahrungen sollte die SPD ihr Profil schärfen dadurch, dass sie in Korrespondenz und Spannung zur Regierungstätigkeit über den Vier-Jahres-Rhythmus hinaus denkt und über die großen Zukunftsherausforderungen diskutiert.“

Hans Eichel, ehemaliger Bundesfinanzminister: „2018 ist das Schicksalsjahr der europäischen Einigung. Nur mit Frankreich, nur vor der nächsten Wahl zum Europäischen Parlament kann eine deutsch-französische Initiative den Euro stabilisieren und die Einigung Europas unumkehrbar machen. Und nur mit der SPD in der Bundesregierung gibt es den notwendigen positiven Beitrag Deutschlands dazu.

Dieser historischen Verantwortung darf sich die SPD nicht entziehen. Das Sondierungspapier bietet dafür die richtige Grundlage. Und die SPD muss sich grundlegend erneuern. Der Parteivorsitzende muss sich an die Spitze stellen, darf nicht selbst in die Regierung gehen, nur so wird dieser Prozess glaubwürdig und stark.“

Ludwig Stiegler, ehemaliger Vorsitzender der Bundestagsfraktion: „Kleine Schritte sind besser als große Worte! Ja, die SPD sollte auf der Grundlage des Sondierungsergebnisses in Koalitionsvertragsverhandlungen eintreten. Das Sondierungsergebnis zeigt die Chance, für die breiten Schichten das Leben konkret und bald zu verbessern. Kleine Schritte sind besser als große Worte, sagte uns schon Willy Brandt. Die Sondierung gibt uns auch die Chance, an einem starken, sozialen Europa zu bauen.

Für eine Ausschlagung dieser Chance wird uns mit Recht kaum jemand bei Neuwahlen belohnen. Mit guter Leistung und deren selbstbewusster Vertretung in einer Koalition mit CDU/CSU können wir mit guten Gründen erwarten: Nach Merkel wir!“

Walter Momper, ehemaliger Regierender Bürgermeister von Berlin sagt: „Ja, die SPD sollte über eine große Koalition verhandeln. In der Regierung zu sein und mitzubestimmen ist besser als alles andere. Neuwahl und Minderheitsregierung sind Quatsch. Ein Positionspapier kann durch Koalitionsverhandlungen noch verbessert werden. Profil gewinnt die SPD durch selbstbewusstes Auftreten und gute Arbeit. Selbstzweifel und die eigene Leistung mies zu machen, lässt die Bürger an der SPD zweifeln.“

Christian Ude, ehemaliger Oberbürgermeister von München — von 1993 bis 2014 — und Spitzenkandidat der Landtagswahl 2013: „So ernst wie jetzt war die Lage der SPD in meinen 52 Mitgliedsjahren noch nie. Ich kann weder mit einer Groko-Beteiligung noch mit einem freiwilligen Rückzug in die Opposition irgendeine Heilserwartung verbinden. Deshalb sollten alle aufhören, der jeweils anderen Seite Verrat und Prinzipienlosigkeit vorzuwerfen. Besonders warne ich davor, ausgerechnet in Bayern nach 60 Jahren in der Opposition zu verkünden, dass man sich in der Opposition wunderbar erholen könne. Ein wenig Realismus führt automatisch zur Mäßigung im innerparteilichen Konflikt.“

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