Deutsche an vorderster Nato-Front

Weit mehr als 1000 Soldaten sollen 2015 an der Erprobung der "Speerspitze" mitwirken. Putin dürfte das kaum gefallen.

Deutsche an vorderster Nato-Front
Foto: dpa

Brüssel. Die Bundeswehr wird von Januar an eine Schlüsselrolle beim Aufbau einer superschnellen Eingreiftruppe der Nato spielen. Diese „Speerspitze“ soll vor allem der Abschreckung gegenüber Russland dienen. Sie war am Dienstag Topthema bei einem Treffen der Außenminister des Bündnisses in Brüssel.

Das ist ein Stück weit Zufall. Deutschland hatte lange vor Beginn der Ukraine-Krise zugesagt, 2015 rund 4000 Soldaten für die sogenannte Nato Response Force (NRF) zu stellen. Das ist die „normale“ schnelle Eingreiftruppe des Bündnisses für weltweite Kriseneinsätze. Ein Teil der Soldaten soll nun im kommenden Jahr als superschnelle Eingreiftruppe genutzt werden. Ziel ist es, den Zeitraum der Mobilisierung von derzeit bis zu 30 Tagen auf unter 10 zu senken.

Theoretisch ja, praktisch nein. Deutschland war beim jüngsten Nato-Gipfel eine derjenigen Nationen, die ganz klar dagegen waren, dauerhaft starke Truppen in den östlichen Bündnisstaaten zu stationieren. Dies hätte einen Verstoß gegen den Nato-Russland-Vertrag dargestellt. Alternative zu dieser Option war der Aufbau der sehr schnell verlegbaren Eingreiftruppe, die nur zeitlich begrenzt in den östlichen Mitgliedstaaten stationiert werden soll - zum Beispiel für Manöver.

Die derzeitigen Planungen betreffen das I. Deutsch-Niederländische Korps aus Münster mit rund 450 Soldaten sowie das Panzergrenadierbataillon 371 „Marienberger Jäger“ aus Sachsen mit rund 900 Soldaten. Hinzu könnten mehrere Hundert Männer und Frauen aus der Streitkräftebasis kommen. In ihr gibt es etwa Logistik-Fachleute und Feldjäger. Wie groß die vorläufige „Speerspitze“ insgesamt wird, ist noch unklar. Auch Norwegen und die Niederlande beteiligen sich.

Darüber will noch niemand reden. Grundsätzlich gilt aber der Grundsatz „je schneller, desto teurer“. Und die Kosten tragen die Staaten, die die Aufgaben übernehmen. Allein die erste Verlegeübung könnte rund 25 Millionen Euro kosten.

Auch das ist noch unklar. Die oberste Führung der Truppe wird Nato-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove haben. Er ist im Prinzip autorisiert, sie für Übungszwecke überallhin zu dirigieren. Von der Interims-Truppe sollen aber nur Elemente, und die nur nach Abstimmung, verlegt werden. Es geht darum, zum Beispiel das Alarmierungsverfahren zu testen. Die Verlegbarkeit soll Stück für Stück hochgefahren werden. „Das Bewusstsein für diese Beweglichkeit haben wir jahrelang trainiert“, sagt ein Sprecher.

Nein. Bereits seit einigen Monaten patrouillieren beispielsweise Nato-Kampfjets verstärkt im Luftraum über den baltischen Staaten („Air Policing Baltikum“) — auch die Bundeswehr ist derzeit beteiligt. Zudem werden speziell auf die neue Bedrohungslage ausgerichtete Manöver organisiert. Für die Übungen der superschnellen Eingreiftruppe sollen Stützpunkte mit je rund 100 Posten in den sechs östlichen Nato-Ländern Estland, Lettland, Litauen sowie Polen, Rumänien und Bulgarien eingerichtet werden.

Derzeit kann sich das kaum jemand vorstellen. Noch 2010 hätte aber auch kaum jemand gedacht, dass es jemals wieder zu solchen Spannungen kommen würde. Damals galt Russland als strategischer Partner.

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