Woche des Schreckens Debatte um Sicherheit: Alte Forderungen neu aufgelegt

Die Terror-Attentate in Bayern sorgen abermals für eine breite Debatte um Maßnahmen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verlangt zum besseren Schutz der Bürger mehr Personal und Ausrüstung für die Polizei sowie strengere Grenzkontrollen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verlangt zum besseren Schutz der Bürger mehr Personal und Ausrüstung für die Polizei sowie strengere Grenzkontrollen.

Foto: Daniel Karmann

Berlin. Nach den blutigen Taten in Würzburg, München und Ansbach ist die politische Debatte über stärkere Sicherheitsmaßnahmen wieder voll entbrannt. Dabei geht es um altbekannte, aber auch neue Ideen. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten diskutierten Maßnahmen und ihre Chancen auf Verwirklichung:

BUNDESWEHR: Zuletzt war die Forderung nach Armee-Einsätzen im Innern nach der Absage des Fußballspiels Deutschland gegen die Niederlande im November 2015 laut geworden. Nun haben Unionspolitiker sie bekräftigt. Bei besonderen Terrorlagen müsse die Bundeswehr zum Schutz der Bürger eingesetzt werden können, so der Tenor. Dafür gibt es jedoch sehr enge verfassungsrechtliche Grenzen, und eine Grundgesetzänderung lehnt die SPD ab.

Im neuen Weißbuch zur Sicherheitspolitik hat sich Schwarz-Rot allerdings darauf verständigt, dass die Bundeswehr bei größeren Anschlägen zur Amtshilfe für die Polizei aktiv werden kann. So wurden bei dem Anschlag in München bereits die Feldjäger, also die Militärpolizei der Bundeswehr in Bereitschaft versetzt. Sie kamen aber nicht zum Einsatz. Prognose: Dabei bleibt es.

RESERVE-ARMEE: Die "Bild"-Zeitung will erfahren haben, dass in der Bundesregierung Überlegungen für den Einsatz von freiwilligen Reservisten zur Unterstützung der Polizei in Terrorfällen kursieren. Das Verteidigungsministerium wies die Darstellung allerdings zurück. Es gebe dazu keine Überlegungen, sagte ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion.

Bekannt ist aber, dass seit dem vergangenen Jahr eine so genannte Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFEplus) zur Verstärkung der Anti-Terror-Truppe GSG9 aufgebaut wird. Sie ist speziell für länger andauernde Fahndungsaktionen ausgerüstet und war als Folge des Terroranschlags auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo initiiert worden. Prognose: Chancenlos.

MEHR POLIZEI: Diese Forderung wird immer wieder erhoben. Nach Angaben der Polizeigewerkschaft sind für die Terrorbekämpfung etwa 20.000 zusätzliche Polizeikräfte nötig. Zwar soll die Bundespolizei in den kommenden Jahren um 3000 Mitarbeiter aufgestockt werden. In den meisten Bundesländern wurde in der Vergangenheit aber deutlich bei der Sicherheit gespart. Gab es im Jahr 2000 noch insgesamt 273.000 Polizisten in Deutschland, so sind es heute nur noch 260.000. Prognose: Das kommt.

SICHERHEITSÜBERPRÜFUNGEN: "Wir müssen wissen, wer im Land ist", sagte Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU). Eigentlich sollte jeder Flüchtling erkennungsdienstlich erfasst sein. Wegen des großen Flüchtlingsansturms im vergangenen Jahr weist die Registrierung jedoch Lücken auf. Seehofer ist deshalb für eine nachträgliche Überprüfung aller bereits eingereisten Flüchtlinge. Prognose: Ein ernsthaftes Thema.

ABSCHIEBUNGEN: Die Tatsache, dass der Asylantrag des syrischen Bomben-Attentäters von Ansbach zuvor bereits abgelehnt worden war und der Mann obendrein schon einen Schutzstatus in Bulgarien besaß, hat auch die Debatte über das Bleiberecht von Flüchtlingen neu entfacht. Der CDU-Innenexperte Armin Schuster beklagt, dass 200.000 abgelehnte Asylbewerber immer noch im Land seien, obwohl sie abgeschoben werden könnten.

Zuletzt hatte sich die große Koalition darauf verständigt, dass auch psychische Erkrankungen grundsätzlich kein Abschiebehindernis darstellen. Offenbar machen die für den Vollzug verantwortlichen Bundesländer von den verschärften Bestimmungen aber noch zu wenig Gebrauch. Seehofer will nun diskutiert wissen, wie man mit gewalttätigen Flüchtlingen in Zukunft umgehen soll. Prognose: Allenfalls kleine Änderungen.

WAFFENRECHT: Bundesinnenmister Thomas de Maiziere (CDU) hat eine Verschärfung des Waffenrechts ins Spiel gebracht. Seit 2002, dem Jahr des Amok-Laufs in einem Erfurter Gymnasium, sind die Bestimmungen für den Umgang und Besitz einer Waffe allerdings schon mehrfach verschärft worden. Lücken gibt es aber noch auf EU-Ebene. Gegenwärtig wird in Brüssel an einer Richtlinie gearbeitet, um einheitliche Standards gegen das Aktivieren von "Salutwaffen" zu schaffen. Der Münchner Amokschütze hatte eine solche Waffe wieder schussfähig gemacht. Prognose: Wird umgesetzt.

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