CSU schwächt umstrittene Deutschvorgabe ab

München (dpa) - Die CSU schwächt ihre umstrittene Forderung ab, Zuwanderer sollten zu Hause in der Familie Deutsch sprechen. „Wer dauerhaft hier leben will, soll motiviert werden, im täglichen Leben deutsch zu sprechen“, heißt es nun in einem Leitantrag für den Parteitag Ende der Woche.

CSU schwächt umstrittene Deutschvorgabe ab
Foto: dpa

„Das ist eine Klarstellung für alle, die den Satz missverstehen wollten“, sagte Generalsekretär Andreas Scheuer nach einer CSU-Vorstandssitzung in München.

Im ursprünglichen Entwurf sollten Zuwanderer noch „dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen“ Am Wochenende war die CSU deshalb mit einer Welle des Spotts konfrontiert. Die Teilnehmer der Vorstandssitzung berichteten von einer langen und kontroversen Diskussion über die Formulierung.

Sogar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ durchblicken, dass sie wenig von dem CSU-Vorstoß hält. „Gute Deutschkenntnisse gehören zur Integration dazu“, sagte sie vor Beginn des CDU-Parteitags am Dienstag in Köln. „Allerdings ist es auch kein Fehler, wenn Kinder zum Beispiel zweisprachig aufwachsen und dann eine Fremdsprache weniger lernen müssen. Ich halte das insgesamt für einen Vorteil.“

CSU-Generalsekretär Scheuer betonte, die Grundausrichtung des Entwurfs bleibe unverändert. „Es gibt kein Zurückrudern oder Abweichen von unseren Grundsätzen.“ Von Pflicht, Gängelung oder Kontrolle sei von vornherein nie die Rede gewesen.

Allerdings waren auch längst nicht alle CSU-Politiker von der ersten Formulierung begeistert. Der CSU-Innenexperte im Bundestag, Stephan Mayer, begrüßte die entschärfte Formulierung. „Das war ein Fehler, das muss man offen einräumen“, sagte er der Tageszeitung „taz“. CSU-Vize Peter Gauweiler betonte vor der Sitzung: „Es muss jeder zu Hause sprechen können, wie er möchte.“ Der Vorsitzende der konservativen Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), sagte: „Wir wollen keine Sprachpolizei und niemanden im Wohnzimmer überwachen.“

Heftige Kritik an der CSU-Forderung kam von der Türkischen Gemeinde in Deutschland: Der Vorschlag sei „absurd“ und „menschenfeindlich“ und fördere Aversionen gegen Migranten. Die CSU habe der Demokratie damit einen Bärendienst erwiesen. Auch der Koalitionspartner SPD reagierte irritiert. Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte: „Ich bin sicher, dass wir dieses Maß an politischer Verwirrtheit in der SPD nie erreichen werden.“

Der Staatsrechtsprofessor Joachim Wieland sagte, eine „verbindliche Rechtspflicht“ für Migranten, in der familie Deutsch zu sprechen, wäre verfassungsrechtlich nicht zulässig. „Das wäre dann so, als wollte man den Menschen vorschreiben, welche Kleidung sie zu tragen haben“, sagte Wieland, der in Speyer Staatsrecht lehrt, am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

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