Christian Wulff: „Ich bin natürlich sehr erleichtert“

Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist strafrechtlich entlastet worden. Seine berufliche Zukunft lässt er offen.

 Christian Wulff: „Ich bin natürlich sehr erleichtert“
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Hannover. Christian Wulff kann aufatmen. Nach 105 Tagen darf der frühere Bundespräsident die Anklagebank verlassen. Das Landgericht Hannover sprach den 54-Jährigen vom Vorwurf der Korruption frei. Doch auch nach dem Ende des laut Wulff „ehrabschneidenden Prozesses“ ist der Weg in einen normalen Alltag noch weit. Trotz des Freispruchs ist Wulff in der Bevölkerung nicht automatisch rehabilitiert.

„Wir wissen aus einer Vielzahl von vergleichbaren Fällen, dass auch ein Freispruch den Verdacht, dass er falsch gehandelt hat, nicht von Wulff beseitigen wird“, sagt der Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger. Es werde etwas haften bleiben. Wulff hatte immer betont, nur mit einem Freispruch könne er die „ersehnte Ruhe“ wiederfinden.

„Ich bin natürlich sehr erleichtert“, sagt er mit einem zufriedenen Lächeln vor Kameras. Inhaltlich will Wulff sich nicht zum Urteil äußern. Mit keinem Wort geht er auf die von Richter Frank Rosenow mehrfach erwähnten fehlenden Beweise ein, die am Ende zum Freispruch führten. Stattdessen erklärt er: „Ich danke den Menschen, die mir in den vergangenen zwei Jahren beigestanden haben.“ Dann hat er einen anderen Termin: Mit Tochter Annalena, die bei der Urteilsverkündung mit im Gerichtssaal saß, will er seinen Sohn Linus aus dem Kindergarten abholen. Beide hätten, so Wulff, nun wieder einen „erleichterten Vater“.

Seit dem Zwischenfazit von Richter Frank Rosenow kurz vor Weihnachten war die Tendenz des Gerichts kein Geheimnis mehr. „Es gibt schlicht keine schlagkräftigen Beweise gegen die Angeklagten“, sagte Rosenow. Deshalb sei Wulff wie jeder andere freigesprochene Angeklagte „uneingeschränkt“ frei.

Dennoch finden sich in der Urteilsbegründung auch Formulierungen, die wie Wasser auf die Mühlen der Befürworter einer Revision klingen: „Der Ablauf könnte auch so gewesen sein wie von der Staatsanwaltschaft dargestellt“, sagt Rosenow.

Mit Wulff stand erstmals ein ehemaliger Bundespräsident in einem Strafprozess vor Gericht. Als die Liste der Vorwürfe immer länger wurde, hatte die Staatsanwaltschaft Hannover im Februar 2012 die Aufhebung der Immunität Wulffs beantragt. Das führte einen Tag später zu seinem Rücktritt.

Im Zuge der Untersuchungen der Justiz stellte sich heraus, dass fast alle Vorwürfe strafrechtlich bedeutungslos waren. Ermittelt wurde unter anderem wegen Auslandsurlauben Wulffs in Wohnungen und Häusern von ihm bekannten Unternehmern und wegen eines günstigen Kredits für sein inzwischen verkauftes Haus in Großburgwedel.

Zu seinen beruflichen Zielen wollte sich Wulff nach dem Urteil nicht äußern. Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolut, nährte Spekulationen, wonach Wulff seine guten Kontakte in die Türkei nutzen wolle. „Ich freue mich, dass Christian Wulff in einer Kanzlei arbeiten wird, die in Richtung Türkei agieren will“, sagte er. Wulffs Anwalt Gernot Lehr bestätigte das nicht. Er dementierte zugleich Berichte, wonach das frühere Staatsoberhaupt künftig für eine Wirtschaftskanzlei arbeiten wolle.

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