Bischöfe stellen sich gegen Rechtspopulismus "Christen sollten nicht bei Pegida mitmachen"

Hetze gegen Flüchtlinge und rechte Parolen - Deutschlands Bischöfe sind besorgt. Sie wollen Flüchtlingen helfen und positionieren sich klar gegen AfD und Pegida. Der Preis: Anfeindungen aus dem rechten Spektrum.

Der Vorsitzende der katholischenDeutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx: "Wir erleben Hetze gegen Fremde,bis in bürgerliche Kreise hinein. Der Firnis der Zivilisation istoffenbar doch nicht so dick wie immer gedacht."

Der Vorsitzende der katholischenDeutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx: "Wir erleben Hetze gegen Fremde,bis in bürgerliche Kreise hinein. Der Firnis der Zivilisation istoffenbar doch nicht so dick wie immer gedacht."

Foto: dpa

Bamberg (dpa) - Wenn die AfD in Erfurt zur Kundgebung bittet, lässt Bischof Ulrich Neymeyr das Licht am Dom ausschalten. Bambergs Erzbischof Ludwig Schick findet, Christen sollten nicht bei Pegida mitmachen, weil Ziele und Parolen der fremden- und islamfeindlichen Organisation nichts mit christlicher Nächstenliebe zu tun hätten. Und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, stellt klar: Wer bei Demos von Pegida und AfD mitlaufe, müsse wissen, dass er den dort geäußerten rechtsradikalen Hetzparolen Legitimation verleihe. Hetze und Rechtsextremismus dürften Christen nicht dulden.

Ob katholisch oder evangelisch - die Kirchen zeigen klare Kante gegen die neue Rechte. Fast jeder Verantwortungsträger distanziert sich von der AfD oder von Pegida. Ein weiteres deutliches Zeichen: Ende Mai beim Katholikentag in Leipzig sollen AfD-Politiker nicht zu Wort kommen. Aber können die Kirchen den Dialog verweigern, wenn sich die AfD laut Umfragen anschickt, im März in drei weitere Länderparlamente einzuziehen?

Umgekehrt geht die rechtspopulistische Partei alles andere als zimperlich mit den Kirchen um. Den verdunkelten Dom in Erfurt nutzte der thüringische AfD-Chef und rechte Lautsprecher Björn Höcke für Polemik gegen den Erfurter Bischof und die Kirche. Und in einem Interview warf AfD-Chefin Frauke Petry den katholischen Bischöfen vor, sich zu wenig um verfolgte Christen im Mittleren Osten zu kümmern.

Die Gräben sind tief. Offenkundig zu tief für einen Dialog. Dabei ist es ja nicht so, dass in der Bundesrepublik immer Konsens geherrscht hätte zwischen Politik und Kirchen: Abtreibungsparagrafen, Kruzifixe in Schulen, Sterbehilfe, Embryonenschutz, auch die Asylgesetze waren heiße Eisen - aber nach hitzigen Debatten hat man sich stets wieder zusammengerauft.

Was ist jetzt anders? Rechtspopulisten, die gegen Flüchtlinge hetzen und ausländerfeindliche Parolen brüllen, sind eine neue Dimension. Und verstören gerade in Deutschland. So warnte Berlins Erzbischof Heiner Koch schon davor, ähnliche Fehler wie zur Frühzeit des Nationalsozialismus zu machen. „Ich denke, auf manche Entwicklungen im „Dritten Reich“, als sie noch abwendbar waren, hat man zu spät beziehungsweise nicht eindeutig genug reagiert. Das darf nicht wieder passieren“, mahnte er in einem Interview.

Der katholische Würdenträger weiß, wovon er redet, schließlich war er bis 2015 Bischof in Dresden. Er und sein evangelischer Kollege hätten dort anfangs noch den Dialog mit Pegida-Anhängern gesucht, schilderte er. Aber dann habe sich die Stimmung verschärft: „Kommunikation im Sinne von Verständnis war nicht mehr möglich.“

Dass über die AfD geredet wird anstatt darüber, dass Menschen im Mittelmeer „ersaufen“, hält der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, für eine völlig falsche Prioritätensetzung. Zudem erschreckt ihn das Ausmaß der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland: „Wir erleben Hetze gegen Fremde, bis in bürgerliche Kreise hinein. Der Firnis der Zivilisation ist offenbar doch nicht so dick wie immer gedacht.“

Welche Reaktionen solche kritischen Mahnungen hervorrufen, hat Erzbischof Schick in Bamberg erlebt. Nach seinen deutlichen Worten Ende 2014 erreichte eine Flut von Post das Bamberger Ordinariat: „In meinem Büro und in meiner Pressestelle sind damals Hunderte wütende Mails eingegangen. Auch auf Facebook gab es zahllose Kommentare mit zum Teil sehr beleidigendem Inhalt.“

Zu seinen Worten steht er nach wie vor: „Christliches Abendland ist nicht dort, wo Menschen wegen ihrer Rasse, Herkunft oder Religion ausgegrenzt werden. Wir Christen sind dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter verpflichtet. Diese Einstellung kann ich bei Pegida nicht feststellen.“

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