CDU-Schatzmeister gibt wegen Affäre auf

Berlin (dpa) - Nach dem Berliner Kulturstaatssekretär Schmitz gibt nun auch Bundesschatzmeister Linssen wegen privater Geldgeschäfte auf. Zu groß ist der Druck vor der Europawahl.

CDU-Schatzmeister gibt wegen Affäre auf
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Die Affären um private Geldgeschäfte von Politikern haben einen weiteren Rückzug zur Folge: Auch CDU-Bundesschatzmeister Helmut Linssen gibt sein Amt ab. „Ich habe mich im Interesse der Partei und meiner Familie entschlossen, die Parteivorsitzende zu bitten, auf dem kommenden Parteitag im April einen neuen Schatzmeister zu wählen“, sagte der 71-Jährige der „Bild“-Zeitung (Freitag). Linssen war wegen früherer Geldanlagen in mittelamerikanischen Steueroasen unter Druck geraten.

Am Dienstag war bereits der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) wegen eines früheren Steuerbetrugs zurückgetreten. Berlins Regierungschef Klaus Wowereit, der von Schmitz Vergehen seit 2012 gewusst, aber nichts unternommen haben soll, blieb am Donnerstag unter Druck. Die Opposition von Linken, Grünen und Piraten beantragte für Montag eine gemeinsame Sondersitzung von Rechtsausschuss und Innenausschuss, bei der Wowereit befragt werden soll.

Sensibel ist das Thema für die Parteien, weil im Mai die Europawahl ansteht und Union wie SPD vereinbart haben, die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen gegen Steuerbetrug zu prüfen.

Linssen war seit 2010 Schatzmeister der CDU. Als Finanzminister in Nordrhein-Westfalen hatte er einst den Ankauf von CDs mit Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher durchgesetzt. Auf einer solchen, später von seinem SPD-Nachfolger angekauften CD soll sich nun auch sein Name befunden haben, wie der „Stern“ berichtet hatte.

Registriert gewesen sein sollen Ein- und Auszahlungen Linssens bei Briefkastenfirmen auf den Bahamas und in Panama über mehrere hunderttausend Euro zwischen 1997 und 2004, abgewickelt über eine Luxemburger Bank. Dem Magazin zufolge war ein Strafverfahren gegen ihn 2012 eingestellt worden, weil er im noch nicht verjährten Zeitraum von 2001 bis 2005 keine Gewinne gemacht hatte. Linssen beteuerte am Donnerstag erneut, nichts falsch gemacht zu haben.

Die Vorgänge und seine Nachfolge als Schatzmeister dürften auch bei der Klausurtagung des CDU-Vorstands angesprochen werden, die an diesem Freitag in Erfurt beginnt. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung traf Linssen seine Entscheidung zum Rückzug nach einem Telefonat mit Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Er selbst beteuerte in der WDR-Fernsehsendung „Aktuelle Stunde“: „Ich habe mich immer korrekt verhalten.“ In der „Neuen Ruhr Zeitung“ (Freitag) ergänzte er: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Aber ich habe es nicht nötig, mich am Nasenring durch die Manage ziehen zu lassen.“

In Berlin regte sich in der Landes-SPD Kritik daran, dass Wowereit seinen Skiurlaub wegen der Steueraffäre um seinen Staatssekretär nicht abbrechen will. „Die Hütte brennt, der Herr muss ins Haus“, forderte der Bürgermeister des Stadtbezirks Neukölln, Heinz Buschkowsky, im RBB-Inforadio. FDP-Chef Christian Lindner forderte Wowereits Rücktritt. Er habe jede politische Glaubwürdigkeit verloren, sagte Lindner der „Thüringischen Landeszeitung“.

Die Berliner Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop kritisierte Wowereit scharf, sagte aber auch, für ein Misstrauensvotum sei es noch zu früh. SPD-Chef Sigmar Gabriel stellte sich hinter den Bürgermeister. „Es gab einen Fall Schmitz und der ist bereinigt. Daraus jetzt einen Fall Wowereit konstruieren zu wollen, ist absurd“, sagte Gabriel „Spiegel Online“.

Inzwischen wurde bekannt, dass neben Wowereit auch Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) über das Steuerverfahren gegen den Staatssekretär dienstlich informiert waren. Nach Angaben der Senatsverwaltung durften sie wegen des Steuergeheimnisses aber nicht darüber sprechen.

Im Zuge der prominenten Fälle - zuerst Fußballmanager Uli Hoeneß, dann Frauenrechtlerin Alice Schwarzer - war auch die strafbefreiende Wirkung einer Steuer-Selbstanzeige in die Kritik geraten. Die Mehrheit der Bürger will das Instrument grundsätzlich behalten, wie der ARD-Deutschlandtrend ergab: 39 Prozent generell, 23 Prozent zumindest in Bagatellfällen. 35 Prozent unterstützen dagegen eine komplette Abschaffung. Das Bundesfinanzministerium will an der Regelung festhalten. Bund und Länder arbeiten jedoch an schärferen Vorgaben.

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