#cdupt16 CDU-Parteitag: Die Basis wollte es etwas konservativer

Die Beschlüsse machen künftige Koalitionen schwerer: Die doppelte Staatsbürgerschaft soll ganz gekippt werden.

Die Delegierten mussten über Leitanträge zum Thema Steuern und Flüchtlinge abstimmen.

Die Delegierten mussten über Leitanträge zum Thema Steuern und Flüchtlinge abstimmen.

Foto: Michael Kappeler

Essen. Um zwei Punkte wurde auf dem Parteitag der CDU in Essen besonders gerungen: Die Steuern sowie die Flüchtlinge und Migraten. Hier prallen bei den Christdemokraten nicht nur Konservative und Liberale aufeinander, hier geht es auch um die Zukunft: Bleibt die Union koalitionsfähig mit Parteien wie SPD und sogar Grünen? Die Antwort: Sie bleibt, aber es wird komplizierter.

Besonders diskutiert wurde das beim Thema Steuern. Alle linken Parteien wollen bei den Reichen mehr kassieren. Bisher hatte die Union aber jegliche Steuererhöhung ausgeschlossen. Nicht mal die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für Schnittblumen wäre möglich gewesen. In Essen nun wollte sich der Vorstand von dieser rigiden Aussage verabschieden.

In dem ersten Entwurf des Leitantrages stand trickreich, die CDU wolle die "Steuerquote" nicht erhöhen, also den Anteil der Steuern an der Gesamtwirtschaftsleistung. Das hätte Belastungen bei den oberen Einkommen möglich gemacht, sofern ihnen bei den unteren Einkommen Entlastungen entgegen gestanden hätten. Dagegen protestierte die Mittelstandsorganisation heftig - und setzte sich durch.

"Grundsätzlich" seien Steuererhöhungen ausgeschlossen, heißt es nun, "insbesondere eine Verschärfung der Erbschaftsteuer und eine Einführung der Vermögensteuer". In der Führung glaubt man damit trotzdem arbeiten zu können - schließlich seien nur zwei Steuerarten explizit genannt worden. Mindestens die Anhebung der Abgeltungsteuer, die SPD und Grüne massiv fordern, sei noch drin. Man spürt in solchen Manövern den Willen, die Union trotz einer leichten Rechtsbewegung koalitionsfähig zu halten.

Das gilt auch für die Flüchtlingspolitik. Ein besonders scharfes Papier des CDU-Vizevorsitzenden Thomas Strobl wurde teilweise in den dann vom Parteitag einstimmig angenommenen Leitantrag des Vorstandes integriert. Strobl verzichtete deshalb darauf, seine Forderungen gesondert abstimmen zu lassen. Einige besonders umstrittene Vorschläge - etwa die Abschiebung auch von Kranken - gingen bei dieser Operation allerdings verloren. Der Rest ist zwar hart formuliert, aber für keinen Partner unüberwindbar. Eine Einreisewelle wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen, heißt es.

Für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber solle es eine "nationale Kraftanstrengung" geben, aber ausdrücklich auf der Basis "geltenden Rechts". Nach dem Türkei-Abkommen soll es Ähnliches auch mit nordafrikanischen Staaten geben, um Mittelmeerflüchtlinge wieder dorthin zurückzubringen. Kaum koalitionskompatibel mit SPD oder Grünen ist allerdings die geforderte Ausweitung der Haftgründe für eine Abschiebehaft. Ebenso das Burka-Verbot - das aber mit der Einschränkung "unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten" weich formuliert ist.

Eine Kampfabstimmung gab es um die doppelte Staatsbürgerschaft. Die erst vor zwei Jahren aufgrund des Koalitionsvertrages mit der SPD eingeführten Ausnahmen von der Pflicht, sich mit 21 Jahren für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden (Optionspflicht), sollen auf Antrag der Jungen Union wieder gekippt werden. Das setzte eine knappe Mehrheit durch, obwohl Innenminister Thomas de Maizière eindringlich dagegen redete. Freilich dürfte im neuen Bundestag niemand die Abschaffung mittragen.

Die SPD protestierte bereits heftig. Sozial- und familienpolitisch bleibt die CDU auch nach Essen so, wie Merkel sie positioniert hat - auf die Mitte orientiert. Die gesetzliche Rentenversicherung soll als "tragende Säule" der Alterssicherung gestärkt werden; eine konkretere Aussage gibt es dazu freilich nicht. Und das Ehegattensplitting möchte die CDU zum Familiensplitting weiter entwickeln.

Schwierig für mögliche Partner dürfte zwar die geforderte Ausweitung der Videoüberwachung und des Einsatzes der Bundeswehr im Innern sein, jedoch wurde auch hier bewusst eine weiche Formulierung ("wenn nötig zur Unterstützung der Sicherheitsbehörden") gewählt.

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