Polit-Show "Endlich Klartext!" RTL II bringt AfD-Mann zu Moslems und Schwulen mit schwarzen Kindern

Comedien Abdelkarim entführt für RTL II Politiker zu Menschen, die unmittelbar von den Parteiprogrammen betroffen sind. Das Sendekonzept krankt nach einem kurzweiligen Start nach hinten raus.

Polit-Show "Endlich Klartext!": RTL II bringt AfD-Mann zu Moslems und Schwulen mit schwarzen Kindern
Foto: RTL II

Düsseldorf. RTL II greift jetzt in den Bundestagswahlkampf ein. Ja, doch. Richtig gelesen. Mit einem „völlig neuartigen und ungewöhnlichen Polit-Format“ will der Privatsender „deutlich näher an Parteien und Politikern als beispielsweise klassische Polit-Talks“ sein, betont RTL II Chefredakteur Matthias Walter. Moderator Abdelkarim „entführt“ Politstars der sechs aussichtsreichsten Parteien in „Extremsituationen“. Hier soll sich zeigen, ob die Politiker auf die Menschen, die direkt von ihrer Politik betroffen sind, eingehen - oder ihrer Parteilinie treu bleiben.

In der ersten von zwei Folgen sind die Teilnehmer Jens Spahn (CDU), Leif-Erik Holm (AfD) und Lencke Steiner (FDP).

Polit-Show "Endlich Klartext!": RTL II bringt AfD-Mann zu Moslems und Schwulen mit schwarzen Kindern
Foto: RTL II

Zunächst ist Jens Spahn (CDU) an der Reihe. Der Staatssekretär im Finanzministerium könnte „möglicherweise an seine Grenzen geraten“ und vielleicht sogar „an seiner Gesinnung zweifeln“, verspricht der Kommentar aus dem Off. Zunächst trifft der „konservative Hardliner“ einen jungen Afghanen, der seit dreieinhalb Jahren in Deutschland lebt, einen Job und eine Wohnung hat und seine Steuern zahlt. Trotzdem hat der Mann einen Abschiebebescheid bekommen. Wird Spahn an seiner Gesinnung zweifeln? — Nicht wirklich, auch wenn er durchaus empathisch wirkt und versichert, dass er in manchen Fällen "hin- und hergerissen" sei. Afghanistan bleibt für ihn ein sicheres Herkunftsland, auch wenn es „wahrscheinlich nicht sicher wie in München ist“.

Als zweite „Extremsituation“ erwartet Spahn eine 68-jährige Frau, die ihre Miete von ihrer Rente nicht bezahlen kann und zusätzlich in einer Bäckerei arbeiten muss. Bei Kaffee, Kuchen („alles selbstgemacht“) und Eierlikör („Jens Spahn steht auf Eierlikör“ - weiß der Off-Kommentator) erzählt sie von ihren Finanzsorgen. Jens Spahn hört gebannt zu und bedankt sich für Speis und Trank - eine Lösung hat er aber nicht, denn „wer im Berufsleben keine großen Sprünge gemacht hat, kann in der Rente auch keine großen Sprünge machen“. Der Kommentar aus dem Off ist trotzdem zufrieden: „Immerhin: Er denkt über seine Ansichten nach“.

 Zusammen mit Gastgeber Abdelkarim (mi.) trifft Leif-Erik Holm (re.), Parteichef der AfD in Mecklenburg-Vorpommern auf ein homosexuelles Paar, das Kinder adoptiert hat.

Zusammen mit Gastgeber Abdelkarim (mi.) trifft Leif-Erik Holm (re.), Parteichef der AfD in Mecklenburg-Vorpommern auf ein homosexuelles Paar, das Kinder adoptiert hat.

Foto: RTL II

Leif-Erik Holm, ehemaliger Radiomoderator und Fraktionsvorsitzender der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, wird als nächstes „entführt“. Moderator Abdelkarim hat vorsichtshalber Kabelbinder mitgebracht. Die kommen aber nicht zum Einsatz. Während Holm in den Van steigt erklärt der Kommentator, was uns jetzt erwartet: „Der Moslem trifft den Islamgegner“. Adbelkarim versteht es perfekt, die angespannte Situation aufzulockern und das RTL II-Publikum abzuholen („Kann einem Petry eigentlich leidtun? Macht den Eindruck, als wär die wegrasiert in letzter Zeit.“).

 Gastgeber Abdelkarim (li.) bringt CDU-Politker Jens Spahn in Situationen in denen er Farbe bekennen muss.

Gastgeber Abdelkarim (li.) bringt CDU-Politker Jens Spahn in Situationen in denen er Farbe bekennen muss.

Foto: RTL II

Genug des Smalltalks, jetzt wird der AfD-Mann mit seinen Ängsten konfrontiert (dramatische Musik), es geht zu echten Muslimen; in eine Moschee. RTL II ist sich nicht sicher: "Wird es zum Kampf der Kulturen kommen? Wird sich Holm seinen Ängsten stellen?" — Spoileralarm: Weder noch…

 In der ersten Folge trifft Gastgeber Abdelkarim auf die Unternehmerin und Politikerin Lencke Steiner (FDP).

In der ersten Folge trifft Gastgeber Abdelkarim auf die Unternehmerin und Politikerin Lencke Steiner (FDP).

Foto: RTL II

Holm darf den Moslems beim Beten zuschauen. Abdelkarim kommentiert: „Sie haben Allahu akbar gehört, aber keine Bomben, die hochgehen.“ Holm scheint das alles nicht besonders zu interessieren.

Danach geht es hinter die Theke im türkischen Supermarkt („In Schwerin gibt es so etwas, glaube ich, gar nicht.“). Der ehemalige Radiomoderator darf beim Köfte machen helfen und ist gleich in seinem Element: fast wie Klopse. Es wäre nur „schön, wenn das Tier nicht mit den Qualen der Schächtung gestorben wäre“, merkt der AfD-Mann an. Schließlich darf er noch äußern, dass die AfD nie gegen Moslems gehetzt habe - es gehe immer nur um den "Schutz der deutschen Kultur".

Als nächstes geht es zu einem schwulen Paar, das zwei schwarze Kinder adoptiert hat. Das Paar gibt zu: „Wir haben leichte Berührungsängste mit der AfD.“ Holm kann das nicht ganz nachvollziehen, schließlich „haben wir das mit Alice Weidel ja auch in der Partei.“ Er sei aber der vollen Überzeugung, dass die eingetragene Partnerschaft genügt. Eine Ehe für alle sei zu viel.

Hols Parteikollege Nicolaus Fest hatte dazu angemerkt: „Ehe für alle heißt Päderastie für alle“ - darauf angesprochen, kommt Holm etwas ins Wanken. Er finde das "ein bisschen überzogen". Er gehe nicht davon aus, dass alle Homosexuellen Pädophile seien.

Insgesamt ist der Politiker mit seinem Auftritt zufrieden - und sieht die Probleme bei anderen: „Ein spannender Tag. Wir müssen noch viele Vorurteile über die AfD abbauen.“

Zu guter Letzt entführt Abdelkarim dann noch Lencke Steiner. Das „Covergirl der FDP“ hat sich „Entführung 2017 zwar anders vorgestellt“, kommt aber trotzdem mit. Wir erfahren viel über Frau Steiner. Sie steht auf Fischbrötchen, Döner ist nicht so ihrs („...weil du stinkst extrem aus dem Hals und hast nen toten Hamster auf der Zunge — da steh ich nicht so drauf...“). Spinnen und Krabbeltiere mag sie auch nicht. Dafür mag sie aber flexible Arbeitszeiten. Über die darf sie mit einem Industriekletterer diskutieren, der zu allen möglichen Zeiten Außenarbeiten an Hochhäusern durchführt - zum Beispiel Fenster putzt. Der findet die maximale Flexibilität nicht so gut, sie schon. Abdelkarim versucht, sich als Anwalt des kleinen Mannes: „Flexible Arbeitszeiten sind doch nur was für Selbstständige, die keine Freunde haben.“. Das wirkt aber eher aufgesetzt und hölzern. Also schnell zur nächsten "Extremsituation".

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