Klimaschutz: Die Angst der Parteien vor zu konkreten Klima-Zielen

Der Klimaschutzplan war ein wachsweicher Kompromiss. Jetzt setzen die einen auf den Markt, die anderen auf den Staat.

Klimaschutz: Die Angst der Parteien vor zu konkreten Klima-Zielen
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Düsseldorf. Die globale Mitteltemperatur ist zwischen 1880 und 2012 um 0,85 Grad gestiegen; mehr als 1,5 Grad sollen es möglichst nicht werden. Und der Klimawandel ist nach einer von der Funke Mediengruppe beauftragten Kantar Emnid-Umfrage die größte Sorge der Deutschen vor der Bundestagswahl: 71 Prozent nannten dieses Thema an erster Stelle. Wie positionieren sich die Parteien dazu?

Das Pariser Klimaschutzabkommen ist für fünf von sechs Parteien der Orientierungspunkt. Aber die damit verbundenen Schlussfolgerungen gehen weit auseinander. CDU/CSU halten die bisherigen Rahmenbedingungen mit dem Ende 2016 in langen Auseinandersetzungen und mühsamen Kompromissen ausgehandelten Klimaschutzplan für ausreichend. Ansonsten vertrauen sie auf die Regulierungskraft des freien Marktes und wollen weitere staatliche Vorgaben vermeiden.

Die SPD klemmt bei dem Thema etwas zwischen Baum und Borke. Einerseits hat sie noch die Intervention ihres damaligen Wirtschafts- und Energieministers Sigmar Gabriel im Ohr, der Plan dürfe keinen Beitrag zur Deindustrialisierung leisten. Andererseits wollen die Sozialdemokraten doch eine Konkretisierung des meist wachsweichen Plans in einem Klimagesetz. „Gut ist, dass sich die beiden großen Parteien in ihren Wahlprogrammen nicht nur zu den klimapolitischen Zielen bekennen, sondern auch den für die Energiewende so wichtigen Stromnetzausbau vorantreiben wollen“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch.

Der FDP gehen schon die vorhandenen staatlichen Vorgaben zu weit. Sie baut weiter allein auf die Selbstregulierung des freien Marktes. Und wenn sie „nationale Alleingänge“ ablehnt, dann muss sich das in der Konsequenz auch auf das deutsche Ziel beziehen, den Treibgas-Ausstoß bis 2030 gegenüber 1990 um 55 Prozent zu reduzieren. EU-weit gilt nur das 40-Prozent-Ziel. Am Ende würde sich Deutschland auf diesem Wege europäischen Klimabremsern wie Polen anpassen.

Am konsequentesten rücken die Grünen den notwendigen Klimaschutzumbau ins Zentrum ihres Wahlprogramms — mit der Forderung nach klaren Reduktionsvorgaben für alle klimarelevanten Bereiche, einer Reform des EU-Emissionshandels inklusive CO2-Mindestpreis und dem zügigen Kohleausstieg. Sie setzen dabei auf die Zukunftschancen einer ökologisch modernisierten Wirtschaft.

Mit der Linken sind sich die Grünen in der Kritik an überschüssigen CO2-Zertifikaten im Emissionshandel einig. Aber die Linke sattelt in bewährter Manier noch obendrauf und will die deutschen Emissionen bis 2030 gleich um 60 Prozent senken, obwohl schon die 55 Prozent nach jetzigem Stand unrealistisch sind.

Die AfD begibt sich in der Klimapolitik konsequent auf Antikurs, indem sie schlicht die wissenschaftlichen Fakten in Zweifel zieht. Das Portal „Klimafakten“ zitiert dazu den Cambridge-Professor David Runciman, der diese Strategie in der britischen Zeitung „The Guardian“ als „Klima-Zynismus“ bezeichnet: „Ein Zyniker (...) hinterfragt die Motive der Leute, die (...) Belege vorbringen, egal ob sie glaubhaft sind oder nicht. Und jeder Versuch, die Fakten zu verteidigen, wird als Beweis dafür hingestellt, dass die Fakten den Interessen derjenigen entsprechen, die sie vorbringen.“

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