Brandbrief der Netzbetreiber: Massive Probleme bei See-Windparks

Berlin (dpa) - Eindrucksvoll sehen sie aus, die mehr als hundert Meter hohen Windmühlen in der Nordsee. Bisher drehen sich einige erste Windräder, in den nächsten Jahren sollen hunderte Anlagen dazukommen.

Doch was passiert mit dem Strom, wenn es gar keinen Anschluss an das Netz gibt?

Der Netzbetreiber Tennet hat in einem Brandbrief an die Bundesregierung gewarnt, dass der Stromanschluss für Windparks in der Nordsee unter den jetzigen Bedingungen kaum machbar sei. Diese Aufgabe scheitere aufgrund der ständig wachsenden Zahl an Anschlüssen „an fehlenden finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen aller Beteiligten“, heißt es in dem Brief an Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das Bundeswirtschaftsministerium versprach, die Investitionsbedingungen für Netzbetreiber verbessern und deren Risiken mindern zu wollen.

Bis 2030 sollen Windparks in Nord- und Ostsee mit einer Leistung von 25 000 Megawatt entstehen und so 15 Prozent des Strombedarfs in Deutschland decken. Schon bis 2013 soll die Leistung auf knapp 2000 Megawatt durch das Aufstellen mehrerer hundert Windmühlen im Meer steigen. Doch die Anbindung mit Seekabeln ist kompliziert und teuer.

Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet, der das frühere Eon-Netz übernommen hat und damit für die Anbindung der Windparks in der Nordsee verantwortlich ist, betont, es gebe massive Probleme bei der Beschaffung des Kapitals für den Ausbau der Netze durch das Meer.

Das Unternehmen sei bei einem Eigenkapitalwert seines deutschen Netzes von 885 Millionen Euro bereits Investitionsverpflichtungen von weit über fünf Milliarden Euro für die Errichtung von Offshore-Anschlüssen eingegangen. „Die Rahmenbedingungen müssen substanziell nachgebessert und die Lasten künftig auf mehr Schultern verteilt werden“, schreibt Geschäftsführer Martin Fuchs. Das in seinen Worten deutliche Schreiben ging auch an Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU).

Die Fristen einer Errichtung des Anschlusses binnen 30 Monaten ab Erteilung der Zusage seien in der Praxis nicht einzuhalten. Derzeit müssten mindestens 50 Monate für Anschlüsse veranschlagt werden, auch weil die Wetterbedingungen und Lieferprobleme große Verzögerungen mit sich bringen könnten. Gefordert wird daher ein rasches Krisentreffen von Bundesnetzagentur und des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie mit allen am Offshore-Ausbau Beteiligten.

Das Bundeswirtschaftsministerium betonte, man nehme die Sorgen ernst, die Probleme seien bekannt. Die Bundesnetzagentur soll nun eine Lösung zur Beschleunigung der Verfahren suchen. Mit Blick auf fehlendes Geld gelte aber natürlich im Grundsatz, „dass der hinter Tennet stehende niederländische Staat für eine ausreichende Finanzierung verantwortlich ist“. Kommendes Jahr solle aber gesetzlich geregelt werden, dass Netzbetreiber bei Ausfall oder Verzögerung der Offshore-Anbindung nur begrenzt haften müssen. So sollen bessere Anreize für Investitionen geschaffen werden.

Die Grünen-Energieexpertin Ingrid Nestle betonte: „Wenn Tennet den Offshore-Ausbau nicht schultern kann, müssen andere ran - Netze sind Daseinsvorsorge.“ Die Bundesregierung müsse die Konsequenzen ziehen und die Offshore-Anschlüsse ausschreiben.

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