Colonia Dignidad BND soll seit 1966 über Colonia Dignidad bescheid gewusst haben

Santiago de Chile. Der Bundesnachrichtendienst (BND) will erstmals 1966 von „KZ-ähnlichen“ Methoden in der von Deutschen gegründeten Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile erfahren haben.

Der Eingang der "Colonia Dignidad" in Chile in den 1980er Jahren.

Der Eingang der "Colonia Dignidad" in Chile in den 1980er Jahren.

Foto: Ceibo Producciones/Handout

Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor. Allerdings will der BND dies nur aus örtlichen Presseberichten erfahren haben. In der Antwort des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Stephan Steinlein, wird zudem eingeräumt, dass die Regierung bis 1987 Menschenrechtsverletzungen ignoriert und sich schützend vor die Colonia Dignidad gestellt habe.

Unter der autoritären Führung des aus Siegburg ausgewanderten Paul Schäfer war die Colonia Dignidad ab 1961 eine stark gesicherte Siedlung, in der es auch zu systematischem Kindermissbrauch kam. Zudem folterte Chiles Geheimdienst dort während der Diktatur von Augusto Pinochet Oppositionelle. Schäfer wurde 2006 zu langer Haft verurteilt - er starb 2010 im Gefängnis. Die 1991 in „Villa Baviera“ umbenannte Anlage, die heute mit bayerischer Folklore Touristen anlockt, liegt rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago.

Für einen Eklat sorgte jüngst die Anwesenheit des als Mittäter zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Reinhard Zeitner beim Empfang der Deutschen Botschaft für Bundespräsident Joachim Gauck in Chile.

Aus Sicht des Linken-Fraktionsvizes Jan Korte ist das ein klarer Beleg für den immer noch nicht erfolgten „konsequenten Bruch mit der Colonia Dignidad und ihrer Nachfolgeorganisation Villa Baviera“. Außenenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte im April die Akten des Auswärtigen Amtes zu der Sektensiedlung vorzeitig für die Öffentlichkeit freigegeben, aber die BND-Rolle ist weiterhin unklar. Korte kritisierte eine bisher unzureichende Berücksichtigung der chilenischen Folteropfer. „Wer seit spätestens 1966 von den Verbrechen weiß und sich bis 1987 (...) schützend vor die Täter gestellt hat, hat allen Grund sich zu schämen und zu entschuldigen.“ red/dpa

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