BKA-Chef Ziercke hält Anschlagsgefahr weiter für hoch

Berlin (dpa) - Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, hält die Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland nach wie vor für hoch.

Zwar gebe es derzeit keine konkreten Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag, sagte Ziercke der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Dennoch dürften die Sicherheitsbehörden in ihrer Aufmerksamkeit nicht nachlassen. Die Gefährdungslage habe sich nach dem Tod von Osama bin Laden im Mai 2011 nicht verändert.

„Al-Kaida ist weiterhin handlungsfähig, was eine Vielzahl teils verheerender Anschläge in verschiedenen Staaten gezeigt hat“, sagte Ziercke. Ernstzunehmende Gefahren gingen vor allem auch von Einzeltätern und Kleinstgruppen in westlichen Staaten aus. Sie radikalisierten sich weitgehend unbemerkt - ohne Anbindung an eine bekannte Terrororganisation. Den Entschluss zu einem Anschlag könnten sie kurzfristig oder spontan fassen.

„Die Täter handeln dabei in Übereinstimmung mit den dschihadistischen Zielen ihrer Leitfiguren, deren Ideologie sie meist über das Internet konsumiert und verinnerlicht haben“, sagte Ziercke.

Vor einigen Tagen waren die deutschen Sicherheitsbehörden mit Großrazzien gegen Salafisten vorgegangen. Radikale Salafisten stehen im Verdacht, mit ihrer Propaganda gewaltbereite Islamisten anzustacheln oder selbst Verbindungen zu Terrornetzen zu pflegen.

Nach Informationen des Magazins „Focus“ befürchtet das BKA Gewalttaten bei islamkritischen Aktionen. Die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Salafisten und Islam-Gegnern in Nordrhein-Westfalen stellten einen „Tatimpuls für islamistisch motivierte Gewalt“ dar, zitiert das Blatt aus einem als vertraulich eingestuften BKA-Lagebild zum islamistischen Terrorismus. Neben Sprengstoffanschlägen müsse man „Angriffe mittels Schusswaffen, Entführungen sowie medial inszenierte Tötungen“ einkalkulieren. Als „besorgniserregend“ werten die BKA-Experten laut „Focus“, dass viele Muslime in Polizisten „Handlanger der Islamfeinde“ sähen.

BKA-Präsident Ziercke äußerte sich indes zurückhaltend zu einem möglichen bundesweiten Verbot von Rocker-Clubs. Für die Prüfung eines Verbotsverfahrens seien die Innenminister von Bund und Ländern zuständig.

„Fakt ist, dass sich Mitglieder von Rockergruppierungen in Strukturen bewegen, denen ein hohes Potenzial organisierter Kriminalität zuzurechnen ist“, sagte Ziercke. Im Jahr 2010 habe es in fast jedem zehnten Ermittlungsverfahren zur organisierten Kriminalität direkt oder indirekt Verbindungen zu Rockergruppen gegeben.

Bei der Innenministerkonferenz Anfang Juni hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärt, er wolle ein bundesweites Verbot von Rockerclubs prüfen lassen. Zuvor hatte es Einsätze gegen Berliner und Potsdamer Hells Angels gegeben. Auch in anderen deutschen Städten war die Polizei gegen Rockerclubs vorgegangen.

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