Nach Angriff in Franken „Reichsbürger“ im Polizeidienst beschäftigen die Behörden

Berlin. Nach den tödlichen Schüssen eines sogenannten „Reichsbürgers“ auf Polizisten überprüfen mehrere Bundesländer, ob Beschäftigte der Polizei der Bewegung angehören oder mit ihr sympathisieren.

Tatort in Georgensgmünd: In der fränkischen Stadt hat ein sogenannter Reichsbürger auf vier Polizisten geschossen - einer starb.

Tatort in Georgensgmünd: In der fränkischen Stadt hat ein sogenannter Reichsbürger auf vier Polizisten geschossen - einer starb.

Foto: Daniel Karmann

Zusätzlich zu den bereits bekannt gewordenen vier Verdachtsfällen aus den Reihen der bayerischen Polizei kommen nun noch weitere vier in Sachsen-Anhalt.

Wie das Innenministerium in Magdeburg mitteilte, laufen derzeit Disziplinarverfahren gegen vier Polizeibedienstete, die sogenannte „Reichsbürger“ sein sollen. In drei Fällen sei bereits eine Suspendierung ausgesprochen worden. Für mögliche Fälle in der übrigen Landesverwaltung könne das Ministerium keine Auskünfte geben. Welche Aufgaben die vier Beamten haben und seit wann die Verfahren laufen, teilte das Ministerium zunächst nicht mit.

Zuvor hatte Bayerns Innenministerium bestätigt, dass im Freistaat gegen vier Polizisten der Verdacht besteht, sie könnten der Bewegung angehören. Gegen sie laufen Disziplinarverfahren. Zwei von ihnen wurden suspendiert. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte ein hartes Vorgehen an. „Wenn es begründete Zweifel an der Verfassungstreue gibt, werden diese Beamten aus dem Dienst entfernt“, sagte sein Sprecher.

Ein Beamter der Bereitschaftspolizei, der auch als Ausbilder tätig war, wurde bereits im Februar 2016 suspendiert. Er sei öffentlich aufgetreten und habe Werbung für die Reichsbürgerbewegung gemacht, sagte der Sprecher. Gegen zwei weitere Wach- und Schichtbeamte aus dem Bereich des Präsidiums Oberbayern Süd laufen seit einigen Monaten ebenfalls Disziplinarverfahren. Ein weitererer Polizist aus einer Dienststelle im Landkreis Augsburg wurde am Donnerstag suspendiert.

Das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern überprüft nach Angaben eines Sprechers derzeit noch, ob den einzelnen Polizeidirektionen Fälle von Polizisten bekannt sind, die den „Reichsbürgern“ angehören. Aus Hamburg und Niedersachsen hieß es, den Erkenntnissen zufolge gebe es keine „Reichsbürger“ unter den Polizisten.

Ein 49-jähriger „Reichsbürger“ hatte am Mittwoch in Georgensgmünd bei Nürnberg einen Polizisten erschossen und drei weitere Beamte zum Teil schwer verletzt. Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Etliche Akteure sind auch in der rechtsextremen Szene aktiv.

Unklar ist, wie groß diese Gruppierung ist. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Innenministerien und Sicherheitsbehörden der Länder ergab, dass der „Reichsbürger“-Bewegung bundesweit mindestens 1100 Personen zuzuordnen sind. Allerdings fehlten aus 7 der 16 Länder zunächst konkrete Angaben. Das Bundesinnenministerium geht dagegen von einer unteren dreistelligen Zahl von „Reichsbürgern“ aus.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, will die Beobachtung der zersplitterten Organisation durch das Bundesamt für Verfassungsschutz prüfen lassen. „Der Fall muss Konsequenzen haben“, sagte Mayer der „Berliner Zeitung“ (Freitag). Allerdings berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag) unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise, dass es Vorbehalte gegen eine solche umfassende Überwachung durch das Bundesamt gebe. Die Bewegung sei nicht bundesweit vernetzt. Deshalb seien die Landesämter für Verfassungsschutz gefragt. (dpa)

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