Appell an die Politik: Gerechtere Verteilung schaffen

Wirtschaftsforscher schlagen Modell aus drei Säulen vor: Armut bekämpfen, Mittelschicht fördern, Reiche besteuern.

 Triste Plattenbauten: Wirtschaftsforscher fordern die Politik auf, beim Thema soziale Gerechtigkeit die Weichen neu zu stellen.

Triste Plattenbauten: Wirtschaftsforscher fordern die Politik auf, beim Thema soziale Gerechtigkeit die Weichen neu zu stellen.

Foto: arifoto UG

Berlin. Wirtschaftsforscher haben vor der Bundestagswahl an die Politik appelliert, stärker gegen die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland vorzugehen. „Nach knapp drei Jahrzehnten, in denen die sozialen Unterschiede gewachsen sind oder selbst bei guter Wirtschaftslage stagnierten, sollten wir jetzt die Weichen neu stellen“, sagte Gustav Horn, Chef des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, gestern in Berlin.

Konkret schlagen die Wissenschaftler ein Modell aus drei Säulen vor: Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, Förderung der Mittelschicht und stärkeren Beteiligung Wohlhabender. Für die untere Einkommensgruppe sei eine raschere Steigung des Mindestlohns nötig. Zudem müsse der Hartz-IV-Regelsatz „angemessen“ hoch sein und sich an der Mindestlohn-Anpassung orientieren. Für die mittlere Gruppe fordern sie mehr Kindergeld und allgemeinverbindliche Tarifverträge. Auch einen Staatsfonds, dessen Wertpapier-Renditen an alle Bürger verteilt werden, stellen die Forscher zur Diskussion — ebenso wie bessere Bildungsinfrastruktur.

Überdies sollten sich Top-Verdiener mehr an der „Finanzierung des Gemeinwesens“ beteiligen. Dazu zählten höhere Spitzensteuersätze, eine überarbeitete Erbschaftsteuer und die Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Die Grundsteuer solle sich künftig an der Nutzungsstärke von Grundstücken ausrichten — Hausbesitzer zahlten so anteilig mehr als Mieter, die in Gebäuden mit vielen Wohnungen leben. Grundlage für das IMK war die Entwicklung der Einkommen zwischen 1991 und 2014. Demnach stiegen die Einkommen Wohlhabender um 17 Prozent, während mittlere um zehn und niedrigere Einkommen nur drei Prozent zulegten. dpa

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