Ärzteprotest trotz Milliardenplus beim Honorar

Berlin (dpa) - Trotz einer Honorarerhöhung um gut eine Milliarde Euro haben tausende Ärzte und Angestellte gegen die Preispolitik der Krankenkassen protestiert.

Doch kam nur ein Bruchteil der von den Organisatoren erwarteten Demonstranten. Eine Allianz ärztlicher Berufsverbände hatte bis zu 30 000 Teilnehmer angekündigt. Hunderte Mediziner hielten bundesweit ihre Praxen zumindest vorübergehend geschlossen.

Einen Tag nach der Beilegung des monatelangen Honorarstreits zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Kassen-Spitzenverband versammelten sich vornehmlich in den westdeutschen Bundesländern Ärzte und Arzthelferinnen vor Filialen der Krankenkassen. In Ostdeutschland kam es dem Vernehmen nach nur vereinzelt zu Aktionen. Insgesamt gab es nach Angaben der Veranstalter Proteste in über 30 Städten.

Hunderte Mediziner ließen ihre Praxen in Niedersachsen und Bremen vorübergehend geschlossen, ebenso viele in Baden-Württemberg, berichtete die Allianz der Ärzteverbände. In Hamburg blieben rund 100 Praxen zu. In Neumarkt in der Oberpfalz nahmen nach Polizeiangaben rund 250 Menschen an einer Kundgebung auf dem Rathausplatz teil. Einige hundert Demonstranten gab es etwa auch in Berlin, Düsseldorf und Dortmund. Auf Transparenten warnten sie vor Jobabbau und verlangten eine bessere Bezahlung.

Die größte Krankenkasse, die Barmer GEK, berichtete von jeweils nur 20 bis 100 Demonstranten vor ihren Filialen in Greifswald, Andernach, Solingen oder Köln. Die Organisatoren hingegen stellten die Proteste als Erfolg dar: Insgesamt hätten bundesweit zehntausende der 87 000 Arztpraxen am Aktionstag „Praxis ohne Helferin“ mit Schließungen, eingeschränktem Betrieb oder Plakataktionen teilgenommen. Der Sprecher der Allianz, Dirk Heinrich, sprach von einem eindrucksvollen Schulterschluss von Ärzten und Praxispersonal.

Der Kassen-Verband kritisierte die Ärzte. „Das innerärztliche Verteilungsproblem, das hinter den Protesten steckt, muss die Ärzteschaft selbst lösen - genug Geld steht insgesamt zur Verfügung“, sagte Verbandssprecherin Ann Marini.

Nach überaus zähem Ringen hatten sich die KBV und der Kassen-Verband darauf geeinigt, dass Deutschlands 150 000 Kassenärzte im kommenden Jahr zwischen 1,15 und 1,27 Milliarden Euro mehr verdienen sollen. Die genaue Summe hängt von weiteren Verhandlungen in den Regionen ab. „Das ist ein guter Kompromiss für die Patienten“, sagte KBV-Chef Andreas Köhler.

Auf breite Zustimmung in der Ärzteschaft stieß vor allem, dass die Psychotherapeuten künftig aus einem gesonderten Topf bezahlt werden sollen. Die Finanzierung vieler neuer Behandlungsplätze für psychisch Kranke werde so gesichert, teilten die Therapeuten-Verbände mit.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) bemängelte: „Die Verhandlungen in den letzten Wochen waren leider kein Glanzstück.“ Doch die Einigung sei eine tragfähige Grundlage für Ärzte, Patienten und Beitragszahler. CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sprach von einem guten Ergebnis.

Pro Monat erzielen Kassenärzte im Schnitt 5442 Euro netto von gesetzlichen und privaten Kassen - bei großen Unterschieden. Für Ärzte-Honorare stiegen die Kassenausgaben 2011 spürbar auf 33,7 Milliarden Euro.

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