500 Jahre Reformation: Religion von ihrer politischen Seite

Mit einer Festveranstaltung würdigen die drei evangelischen Landeskirchen in NRW und der Landtag die Reformation.

500 Jahre Reformation: Religion von ihrer politischen Seite
Foto: Landtag

Düsseldorf. Zwei Wochen vor dem Reformationstag, der den Schlusspunkt der Jubiläumsfeiern zu 500 Jahren Reformation bildet, eine Festveranstaltung dazu in einem Parlament? Landtagspräsident André Kuper (CDU) weist selbst auf die bundesweite Einmaligkeit hin. „Damit wollen wir deutlich machen: Kirche hat in diesem Parlament ein Zuhause, sie gehört mitten in die Gesellschaft.“

Dieses Verhältnis von Kirche und Politik bewegt an diesem Spätnachmittag gleich mehrere Redner im Düsseldorfer Plenarsaal. Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, sagt seufzend: „Nun ist weiß Gott nicht jedes Geschrei das Evangelium.“ Der Satz ist adressiert an diejenigen, die Religion und (auch christlichen) Glauben für Eigensinn, Ausgrenzung und Hass in Anspruch nehmen. Dabei sei eine der beglückendsten Erfahrungen des Reformationsjubiläums: „Identität wächst und gewinnt fruchtbare Kraft in lebendiger Beziehung, im offenen Dialog mit anderen.“

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) genügt ein Blick auf die Besitztümer des Landes, um die Verbindung aller an diesem Nachmittag Beteiligten herzustellen. Die beiden Simultankirchen in Altenberg und Fröndenberg werden von katholischer wie evangelischer Kirche genutzt - und befinden sich beide im Eigentum des Landes NRW.

Die Geschichte von Kirche und Staat, so Laschet, sei lange eine gewaltsame Auseinandersetzung um Macht und Einfluss gewesen. Heute gelte es dagegen, die positiven Errungenschaften in die Gegenwart zu übersetzen: „Braucht man in Syrien einen Augsburger Religionsfrieden?“ Und wer heute noch bestreite, dass der Islam eine Religion sei, könne nicht Vizepräsident des Bundestags werden, wendet er sich gegen den AfD-Vorschlag Albrecht Glaser, ohne diesen beim Namen zu nennen.

Der Festredner des Nachmittags, der Journalist und nächste Kirchentagspräsident Hans Leyendecker, beklagt den Verlust der Volkskirche: „Der Glaube an Jesus Christus erodiert, während gleichzeitig der Wunderglaube und die fundamentalistischen Ränder explodieren. Beides ist am Ende Wachstum in die Unfreiheit.“ Und ähnlich wie der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) beim Christusfest in Bochum ist auch der Konvertit Leyendecker nicht zufrieden mit dem Ist-Zustand der Ökumene. Er fordert mehr Frauenrechte in der katholischen Kirche ein und sagt: „Niemand sollte mündigen Christen vorschreiben, die Einladung zum heiligen Abendmahl einer anderen Kirche nicht annehmen zu dürfen.“

Aber zugleich spricht Leyendecker sich im Verhältnis der beiden großen christlichen Kirchen gegen den kleinsten gemeinsamen Nenner aus. „Die Einheitskirche, die in diesen Tagen häufiger gefordert wird, wird nicht kommen.“ Die Kirchen bräuchten die anderen Kirchen, um ganz und vollständig werden zu können, beruft er sich auf den Theologen Fulbert Steffensky. „So sehe ich das auch.“

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