35 000 Menschen zeigen Flagge für weltoffenes Dresden

Dresden (dpa) - Tausende strömen in Dresden vor die Frauenkirche. Sie wollen ein Zeichen setzen gegen die wöchentlichen Pegida-Aufmärsche. Und der Welt ein anderes Bild der sächsischen Landeshauptstadt zeigen.

35 000 Menschen zeigen Flagge für weltoffenes Dresden
Foto: dpa

Zehntausende Menschen haben am Samstag in Dresden für Weltoffenheit und Mitmenschlichkeit demonstriert - und damit ein Signal gesetzt gegen die islamkritischen Pegida-Kundgebungen in der Stadt. Die sächsische Staatskanzlei sprach von rund 35 000 Teilnehmern der Kundgebung vor der symbolträchtigen Frauenkirche. „Wir lassen uns durch Hass nicht spalten“, erklärte Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU), die zusammen mit Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) zu der Aktion aufgerufen hatte.

Die Anti-Islam-Bewegung Pegida hatte zuletzt 18 000 Anhänger auf die Straße gebracht. Seit Mitte Oktober demonstrieren die selbst ernannten Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) montags in Dresden gegen eine von ihnen behauptete Überfremdung.

Die Pegida-Demonstrationen hätten weltweit für Aufsehen gesorgt, erklärte Ministerpräsident Tillich. Von den 35 000 Menschen gehe nun eine eindeutige Botschaft aus: „Wir sind freiheitsliebend und demokratisch, weltoffen und tolerant, mitmenschlich und solidarisch.“ Tillich verwies darauf, dass es Grenzen des politischen Anstands gebe: „Wer gegen alles Fremde polemisiert und Ängste gegen Ausländer, Flüchtlinge und Asylsuchende schürt, mit dem lässt sich nicht sachlich reden.“

Der Regierungschef machte zudem mit Blick auf die jüngsten Terroranschläge in Paris deutlich, dass es „null Toleranz gegenüber politischen und religiösen Extremisten und Gewalt“ gebe.

Kirchen, Verbände, Vereine, Initiativen und Gewerkschaften hatten die Kundgebung gegen Pegida unterstützt und zur Teilnahme aufgerufen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der seinen Wahlkreis in Sachsen hat, verfolgte das Geschehen hinter der Bühne.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte in ihrer wöchentlichen Videobotschaft indirekt die Pegida-Bewegung. „Wo Hass und Vorurteile zu Hause sind, da werden wir auch keine guten Lösungen für uns alle finden“, sagte Merkel. „Deshalb ist es wichtig, dass jeder sich zu den Grundwerten unseres Landes bekennt, und dazu gehört zum Beispiel auch das Recht auf Asyl für verfolgte Menschen“.

Zugleich ermunterte sie die Bundesbürger, sich mehr mit dem Islam auseinanderzusetzen. Zwischen Islam und Islamisten müsse deutlich unterschieden werden, sagte sie in Hamburg. Merkel begrüßte, dass die deutschen Muslime nach den Pariser Anschlägen zu einer Mahnwache eingeladen haben. „Ich halte das für einen ganz wichtigen Schritt.“ Die Grünen riefen dazu auf, sich daran zu beteiligen.

Merkel hält auch eine Überprüfung der derzeit geltenden Regeln für eine Einwanderung in Deutschland für angebracht. Dabei gelte es, sowohl die Asyl- und Bürgerkriegsflüchtlings-Problematik aufzugreifen als auch die Frage der notwendigen Zuwanderung von Fachkräften. Jetzt sollte ausgelotet werden, ob und wo noch Änderungsbedarf bestehe.

Der Parteichef der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, sieht Deutschland nicht durch eine „Islamisierung“ bedroht. Dennoch müsse die Zuwanderung stärker kontrolliert werden, sagte Lucke in Bottrop. „Wir haben zum Teil erhebliche Einwanderung aus muslimischen Ländern.“ Damit seien viele Probleme verbunden.

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi räumte ein, dass die Politik zu wenig getan habe, um Ängste vor dem Islam abzubauen. Das gelte auch für ihn und seine Partei, sagte er im „Tagesspiegel“ (Samstag).

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hält vor dem Hintergrund der Pegida-Demos eine Auseinandersetzung mit linken Positionen für nötig. Den Demonstranten gehe es um Angst vor ungebremster Zuwanderung, um eine Uminterpretation des Leistungsgedankens und eine einseitige Gerechtigkeitsdiskussion, sagte Dobrindt dem „Münchner Merkur“ (Samstag). „Das sind genau die Themen, die die linken Gruppen offensiv betreiben.“ SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hielt Dobrindt daraufhin „Populismus billigster Sorte“ vor.

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