Immer mehr Beschwerden über Abzocke am Telefon

Fallzahlen sind deutlich gestiegen — Bundesrat berät Gesetzesverschärfung.

Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass sie mit dem Telefonat einen kostenpflichtigen Vertrag geschlossen haben. (Symbolbild)

Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass sie mit dem Telefonat einen kostenpflichtigen Vertrag geschlossen haben. (Symbolbild)

Foto: dpa

Berlin. Eigentlich ist es seit 2013 verboten, mit unseriösen Methoden am Telefon den Verbrauchern Verträge für Abonnements oder Gewinnspiele unterzuschieben. Doch trotz des Anti-Abzock-Gesetzes erhalten immer noch Tausende Menschen in Deutschland belästigende Werbeanrufe. Die Zahl der Betroffenen ist nach Informationen unserer Redaktion im vergangenen Jahr sogar wieder gestiegen.

So gingen 2016 bei der Bundesnetzagentur, die für die Ahndung zuständig ist und bei der sich genervte Bürger melden können, 29.298 schriftliche Beschwerden zu unerlaubter Telefonwerbung ein. Im Jahr zuvor waren es lediglich 24.455. Die Zahlen teilte jetzt das Bundeswirtschaftsministerium auf eine Anfrage der Grünen mit. Durch den Anstieg im letzten Jahr erhöhten sich auch die verhängten Bußgelder gegen Unternehmen. 2016 mussten unseriöse Geschäftemacher 895.849 Euro Strafe zahlen, 2015 waren es noch 467.350 Euro.

Mehrfach wurde in der Vergangenheit versucht, der Abzocke am Telefon gesetzlich Einhalt zu gebieten. Zuletzt vor vier Jahren. Seitdem ist Telefonwerbung nur bei vorheriger Einwilligung durch den Angerufenen zulässig. Werbeanrufer dürfen zudem nicht mehr ihre Nummer unterdrücken. Trotzdem werden Verbrauchern nach wie vor Verträge einfach untergeschoben, ohne dass es ihnen bewusst ist. Für die Grünen ist klar: „Die Gesetzeslage ist in den letzten zehn Jahren bereits zweimal verschärft worden. Das hat alles kaum etwas gebracht“, so Verbraucherexperte Markus Tressel zu unserer Redaktion. „Gerade ältere Leute werden am Telefon abgezockt. Wir brauchen jetzt endlich Maßnahmen, die etwas bringen.“

So sehen das offenbar auch die Länder. Nach Informationen unserer Redaktion wird sich der Bundesrat in seiner Sitzung am 10. März mit dem Problem beschäftigen. Der Länderkammer liegt ein entsprechender Gesetzesantrag Baden-Württembergs vor, durch den Verbraucher künftig besser geschützt werden sollen. Aufgrund der Beschwerdezahlen bei der Bundesnetzagentur und Erhebungen von Verbraucherzentralen sei klar, dass der gewünschte Erfolg des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken „ausgeblieben ist“.

In dem Papier heißt es weiter, „aggressive Verkaufsmaschen“ florierten. Außerdem sei Verbrauchern nach wie vor oft nicht bewusst, „dass sie mit dem Telefonat einen kostenpflichtigen Vertrag geschlossen haben“. In vielen Fällen würden Unternehmen nach dem Gespräch auch nur den Abschluss behaupten, während aus Sicht der Betroffenen keine verbindliche Zusage erfolgt sei.

Schon vor einigen Jahren hatten sich die Bundesländer erfolglos dafür stark gemacht, eine sogenannte „Bestätigungslösung“ einzuführen. Der Gesetzesantrag sieht dieses Mittel nun erneut vor: Geht die Initiative zu einem telefonischen Vertragsschluss nicht vom Verbraucher selbst aus, soll das Zustandekommen eines Vertrags künftig davon abhängen, „ob er eine formgerechte Angebotsbestätigung erhalten und diese ausdrücklich in Textform angenommen hat“. Beispielsweise per Post, Email, Fax oder SMS. Ein Lösung, für die auch Tressel plädiert: „Wenn telefonisch geschlossene Verträge schriftlich bestätigt werden müssen, lösen sich die Geschäftsmodelle von vielen unseriösen Anbietern in Luft auf.“

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