Guantánamo: EU will einige Häftlinge nehmen

Die Europäer werden Barack Obama unterstützen. Doch es gibt noch viele Fragen und Vorbehalte.

Brüssel. Die Europäer stellen sich nach längerem Hin und Her auf die Aufnahme einiger Gefangener aus dem US-Lager Guantánamo ein. Begeisterung sieht freilich anders aus: Jedes EU-Land behält sich in jedem Einzelfall die Entscheidung vor, ob und wen es aufnimmt. Die EU-Kommission soll helfen das Risiko abzuschätzen.

Auch die Bereitschaft, den USA entgegenzukommen, fällt sehr unterschiedlich aus. Deutschland, Frankreich, Italien, Finnland und Portugal sind wohlwollend. Österreich, die Niederlande und Griechenland gehören zum Lager der Skeptiker.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) berichtete nach Beratungen mit seinen Kollegen aus den anderen 26 EU-Staaten, in den meisten Ländern werde um das Für und Wider in Sachen Guantánamo-Hilfe gestritten. Klar sei, dass "die Verantwortlichkeit bei den USA selbst bleibt". Wie Steinmeiers luxemburgischer Kollege Jean Asselborn sagte: "Die USA haben Guantánamo geschaffen, die USA müssen es wieder abschaffen."

Dennoch rechnen die Europäer mit einer offiziellen Bitte der neuen US-Regierung von Präsident Barack Obama, die bereits mehrere EU-Botschafter in Washington entsprechend vorgewarnt hat. Eine positive Antwort sei eine Frage der Glaubwürdigkeit, erklärte Steinmeier, zumal, wenn man an einer Rückbesinnung der USA zu den Prinzipien der partnerschaftlichen Abstimmung und des Völkerrechts interessiert sei.

Sobald Washington offiziell bei den Europäern angeklopft hat, soll Brüssel die Aufnahmegesuche analysieren, "damit jedes Land weiß: Wer sind diese Leute" (Asselborn). Im Prinzip geht es um die 60 von insgesamt 245 Guantánamo-Insassen, die mangels konkreter Tat-Vorwürfe als unschuldig gelten.

Während die Briten nur Landsleute aufnehmen wollen, sind andere Länder wie Deutschland grundsätzlich bereit, Ausländer unterzubringen. Dabei komme es darauf an, wohin die Betreffenden überhaupt wollten, erklärte Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner.

In einer seiner ersten Amtshandlungen hatte Obama vergangene Woche die Auflösung des Gefangenenlagers auf Kuba angeordnet. Die Einrichtung galt als Kardinal-Beispiel für die Unfähigkeit der Regierung von Obamas Amtsvorgänger George W. Bush, im Kampf gegen den Terrorismus die Menschenrechte einzuhalten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort