Politik Frauen melden sich häufiger krank

Mit komplizierten Schwangerschaften allein ist der Trend in NRW nicht zu erklären. Mitarbeiterinnen fehlen meist weniger lange.

Politik: Frauen melden sich häufiger krank
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Düsseldorf. Dass Frauen in Nordrhein-Westfalen sich statistisch öfter krankmelden als Männer, ließe sich leicht mit einem knappen Blick aufs Kinderkriegen und den damit verbundenen biologischen Gesetzmäßigkeiten erklären. Geburten und Schwangerschaften sind nun mal Frauensache — vor allem auch dann, wenn die anderen Umstände für Probleme sorgen, die ein Fall für den Arzt werden können. Schwangerschaftskomplikationen machen an Rhein und Ruhr abhängig von der Altersgruppe bis zu 44 Prozent der Fehltage bei Frauen aus. So steht es im neuen Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), der gestern vorgestellt wurde.

Schwangerschaften allein erklären freilich noch nicht, weshalb der Krankenstand bei Frauen laut DAK-Studie in NRW im vergangenen Jahr um rund 16 Prozent höher lag als bei Männern. Frauen und Männer werden aber anders krank — das heißt, sie leiden an unterschiedlichen Erkrankungen, wie ein Blick in die Statistik zeigt: Männer in Nordrhein-Westfalen haben rund 73 Prozent mehr Fehltage wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Frauen. Umgekehrt kommen diese auf 64 Prozent mehr Fehlzeiten bei Krebsleiden.

Gerade bei Krebserkrankungen wird der Geschlechterunterschied sehr deutlich. Bei Frauen gilt Brustkrebs als häufigste Krebserkrankung — sie wird vergleichsweise früh, sprich in jüngeren Jahren, diagnostiziert. „Die Frauen stehen dann häufig noch voll im Berufsleben“, erklärt DAK-Landeschef Hans-Werner Veen. Prostatakrebs, die häufigste Krebserkrankung bei Männern, tritt hingegen meist erst ab einem Alter von 60 Jahren auf. Viele Patienten haben bei einer Diagnose ihr Berufsleben schon weitgehend hinter sich. „Insgesamt ist der vielzitierte kleine Unterschied größer als gedacht“, sagt Veen.

Der zeigt sich auch bei der Dauer der Berufsunfähigkeit. Frauen gehen zwar häufiger zum Arzt, sind aber im Schnitt weniger lange krankgeschrieben als ihre männlichen Kollegen. Ein Erkrankungsfall dauert bei ihnen im Durchschnitt 12,3 Tage, bei Männer sind es hingegen 12,5. Der Unterschied zwischen krank und krankgeschrieben ist dabei recht wichtig: Denn laut DAK-Report gehen Frauen auch bei Krankheit häufiger zur Arbeit.

65 Prozent der Frauen waren im vorigen Jahr mindestens einmal krank im Job, bei den Männern waren es hingegen nur 60 Prozent. Als Hauptgründe gaben die Frauen an, dass sie ihre Kollegen nicht hängenlassen wollten (87 Prozent) oder ihre Arbeit fertigstellen müssten (66 Prozent).

Die Krankenkasse stellt nicht nur Unterschiede fest, sondern leitet aus ihnen auch Forderungen ab. „Wo Männer und Frauen unterschiedliche Bedürfnisse haben, sollen sie auch geschlechtsspezifische Angebote bekommen“, sagt Veen. Im Blick hat er dabei vor allem betriebliche Präventionsangebote, die helfen können, die Rekordkrankenstand von 4,1 Prozent in NRW zu reduzieren. Im Vergleichzeitraum 2014 lag er bei 3,8 Prozent. Der aktuelle Wert, der höchste der vorigen 16 Jahre, bedeutet, dass von 1000 Erwerbstätigen im Schnitt 41 je Tag krankgemeldet waren.

Damit liegt Nordrhein-Westfalen exakt auf Bundesniveau, den niedrigsten Krankenstand hatte laut DAK mit 3,5 Prozent Baden-Württemberg, den höchsten Brandenburg (56,2 Prozent). Die Branche mit dem häufigsten Krankenstand ist das Gesundheitswesen (4,9 Prozent), gefolgt von der öffentlichen Verwaltung (4,5) und dem verarbeitenden Gewerbe (4,2 Prozent).

Für die Analyse hat die Krankenkassen sogenannte Prozessdaten von rund 460 000 ihrer erwerbstätigen Mitglieder in NRW ausgewertet, zudem wurden 1099 Menschen (5221 im Bund) online befragt.

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