FDP-Chef Westerwelle in der Koalitionsfalle

Analyse: Die Liberalen wollen mit der Union regieren und ihr gleichzeitig Wähler abspenstig machen.

Berlin. Manche sehen Guido Westerwelle bereits in der Koalitionsaussage-Falle. Sein Versuch, die Freien Demokraten gleichzeitig an der Seite der Union in die Bundesregierung zu bringen und gerade dieser Union möglichst viele Wähler abspenstig zu machen, bleibt höchst riskant. Am Ende könnte es für beides nicht reichen. Der Verlauf des FDP-Parteitags hat dieses Koalitions-Dilemma nicht aufgelöst.

Im Gegenteil: Unter dem Eindruck der auch an diesem Wochenende grassierenden Koalitioneritis hat die FDP die Tür in Richtung Ampel wieder einen Spalt weit aufgemacht. Der frisch gewählte Parteivorstand beschloss einstimmig, die Koalitionsfrage bis kurz vor der Bundestagswahl förmlich offen zu halten. Der Druck auf die Union, stärker auf die FDP zuzugehen, soll so erhalten bleiben. "Wir hoffen, dass die Union langsam zu Potte kommt", sagte Westerwelle.

Die SPD hat das jedenfalls als Wink verstanden: "Die Zeiten der gemeinsamen Cabrio-Spritztour von Frau Merkel und Herrn Westerwelle sind lange vorbei", sagte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Für Westerwelle sind das allerdings "parteitaktische Manöver" der SPD. Programmatisch spreche weiter nichts für eine Zusammenarbeit der FDP mit SPD und Grünen.

Nur mit Ergebnissen deutlich über zehn Prozent hat die FDP nach der Bundestagswahl eine Chance, den Preis für eine Koalition zu diktieren. Der Parteitag sollte dafür programmatisch eine Grundlage schaffen. "Ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem" bleibt das Mantra der FDP bis zum Wahltag.

Westerwelle strotzt nach Hannover innerparteilich vor Kraft wie nie zuvor. Die FDP-Delegierten statteten ihn mit einem Rekordergebnis bei seiner Wiederwahl zum Parteichef aus. An der einen oder anderen Stelle muckte das Parteitagsvolk etwas auf. Es verschärfte zum Beispiel die FDP-Handschrift bei der Ablehnung des großen Lauschangriffs. Die Forderung nach kostenlosen Kitas kam ebenfalls auf Parteitagsinitiative ins Wahlprogramm.

Doch trotz aller Abgrenzungsrhetorik - die FDP sorgte auch dafür, dass der Wunschkoalitionspartner Union bei Laune bleibt. So tauchte CDU-Vize Christian Wulff mit Ehefrau beim Delegiertenabend der FDP auf. "Ein schönes Signal - allerdings mehr an die eigenen Leute als an uns - denn die Union wackelt ja noch", sagte Westerwelle.

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