EU-Kommission: Kandidatin fällt durch

Der designierten Kommissarin Rumiana Jeleva fehle es an fachlicher und persönlicher Integrität, heißt es im Parlament.

Brüssel. Im Arbeitszimmer von José Manuel Barroso im 13. Stock des Berlaymont-Gebäudes in Brüssel brannte gegen Mitternacht noch Licht. Der Präsident der EU-Kommission beriet in kleiner Runde, ob das große Desaster noch abzuwenden sei.

Die Bulgarin Rumiana Jeleva (40), designierte Kommissarin für internationale Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe, hatte bei ihrer Anhörung vor dem Europaparlament am Dienstag nicht überzeugt. Und zur Geisterstunde wusste Barroso schon, dass das Parlament nun von ihm Auskunft über verschwiegene private Geschäfte Jelevas verlangt.

Am Tag nach dem unglücklichen Parlaments-Auftritt der bulgarischen Außenministerin stand deren politische Zukunft in Brüssel auf Messers Schneide. Vieles deutete darauf hin, dass die Christdemokratin aus Sofia den angestrebten Posten einer EU-Kommissarin nicht bekommt.

Schon vor fünf Jahren hatten die Abgeordneten gleich zwei Kommissionskandidaten gekippt, den Italiener Rocco Buttiglione und die Lettin Ingrida Udre. Senken sie dieses Mal den Daumen über Jeleva, so könnte dies bedeuten, dass die für den 26. Januar im Parlament geplante Abstimmung über die gesamte Kommission um einen Monat verschoben werden muss.

Offiziell geht es um die Frage, ob Jelevas amtliche Mitteilung an das Europaparlament, sie sei von 2001 bis 2003 und von 2006 bis 2007 "Führungskraft" des bulgarischen Unternehmens "Global Consult" gewesen, wirklich stimmt. Sie habe verschwiegen, dass sie bis 2009 Alleininhaberin der Firma gewesen sei, sagte die liberale bulgarische Abgeordnete Antonija Parwanowa. Und kam zu dem Schluss: "Frau Jeleva sagt nicht die Wahrheit."

Während Jeleva auch Berichte über Mafiakontakte ihres Mannes sichtbar nervös als "völlig unbegründet" zurückwies, machten im Parlament Fotokopien bulgarischer Handelsregisterauszüge die Runde. Die Einladung Jelevas, nach Bulgarien zu kommen und dort mit ihrem Mann und ihr selbst über alle Einzelheiten zu sprechen, klang manchem Volksvertreter fast wie eine Drohung.

Der Hinweis, sie könne alle Angaben mit Dokumenten beweisen, war vielen Abgeordneten kein Trost: 2008 hatte die EU-Kommission wegen Korruption, organisierter Kriminalität und der Unzuverlässigkeit bulgarischer Behörden Zahlungen von 500 Millionen Euro an Sofia gestoppt.

Dass sie erst vor Journalisten sagte, sie habe das Unternehmen verkauft, könne sich aber an den Verkaufspreis nicht erinnern ("Es war kein größerer Betrag") stärkte das Vertrauen in ihre Bereitschaft zu finanzieller Transparenz auch nicht.

Während Liberale und Sozialdemokraten am Mittwoch klar machten, dass Jeleva sie weder fachlich noch mit persönlicher Integrität überzeugt habe, warnte der christdemokratische Fraktionsvorsitzende Joseph Daul vor "grundlosen Anschuldigungen". Doch in Parlament und Kommission liegen die Nerven blank.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort