EU-Afrika-Gipfel: Hinweise auf Sklavenhandel setzen EU unter Druck

Eigentlich sollte es um die Zukunftsperspektiven für die Jugend Afrikas gehen. Doch dann beherrscht die dramatische Situation von Migranten in Libyen in Diskussion.

EU-Afrika-Gipfel: Hinweise auf Sklavenhandel setzen EU unter Druck
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Abidjan. Hinweise auf Sklavenhandel mit Migranten in Libyen setzen Deutschland und die EU zunehmend unter Handlungsdruck. Es müsse verhindert werden, dass Migranten „auf schrecklichste Weise in Lagern“ gehalten oder sogar „gehandelt“ würden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch bei einem EU-Afrika-Gipfel in dem westafrikanischen Land Elfenbeinküste. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron brachte sogar einen möglichen Militäreinsatz ins Spiel.

„Es geht nicht darum, heute zu sagen, dass wir den Krieg erklären werden“, erklärte Macron in einem Interview. Ein kurzfristig angesetztes Krisentreffen am Rande des Gipfels ziele aber darauf ab, „konkrete militärische und polizeiliche Aktionen vor Ort zu starten“.

Für die EU sind die Berichte über Vergewaltigungen, Sklaverei und Folter in Libyen hochbrisant. Sie hatte die dortigen Verantwortlichen zuletzt dazu gebracht, die Mittelmeerküste des Landes wieder zu kontrollieren. Seitdem schaffen es Schlepperbanden deutlich seltener, Migranten aus anderen Teilen Afrikas auf den Weg nach Europa zu bringen - mit der Folge, dass die Menschen in Libyen festsitzen. Zugleich sorgen Machtkämpfe in Libyen aber weiter dafür, dass Migranten Opfer von Verbrechern werden können.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen wirft der EU vor, mit der Unterstützung für den Wiederaufbau der libyschen Küstenwache eine menschenfeindliche Politik zu verfolgen. Es sei seit Monaten bekannt, dass an der Flucht gehinderte Migranten in Libyen in die „Internierungslager“ gesteckt und aufgebeutet würden.

Ob, und wenn ja, wie die Lage in Libyen auch ohne ein Eingreifen von Außen verbessert werden könnte, blieb zunächst offen. Merkel, Macron und andere Gipfelteilnehmer wollten Einfluss auf den libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch nehmen, die Lager für Hilfsorganisationen wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) zu öffnen. Sarradsch hat allerdings weiterhin nur auf einen kleinen Teil des Landes Einfluss.

In bestimmten humanitären Notfällen sollten einzelne Menschen künftig auch in Europa aufgenommen werden können, sagte Merkel. Grundsätzlich solle jedoch gelten: „Wenn Du illegal mit Hilfe von Schleppern nach Europa zu kommen versuchst, dann hast Du keine Chance.“

Gegenüber einem Vorstoß von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), jährlich mehrere Hunderttausend junge Afrikaner zur Ausbildung nach Europa zu holen, äußerte sie sich skeptisch. „Ich bin da erstmal etwas zurückhaltender“, sagte Merkel. Wenn man ins Auge fasse, mit einzelnen Ländern Abkommen zu schließen, müsse zunächst die Nachfrage abgewartet werden. „Ich denk' nicht gleich in Hunderttausenden.“ Sie wolle sich nicht auf Zahlen festlegen. „Lassen Sie uns einfach mal starten, dann wäre schon viel gewonnen.“

Der zweitägige Gipfel in der Wirtschaftsmetropole der Elfenbeinküste wollte sich eigentlich vor allem mit der Frage beschäftigen, wie die Zukunftsperspektiven für junge Afrikaner verbessert werden können. Bis 2050 soll sich die Bevölkerung auf rund 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Das bedeutet, dass zusätzlich Hunderte Millionen junge Afrikaner Essen, Bildung und vor allem ein Einkommen brauchen.

Wenn sich die Lage nicht deutlich bessert, wird Europa nach Einschätzung von Experten auf Jahrzehnte mit nach Europa strebenden Migranten konfrontiert sein. „Wir reden hier nicht über Tausende, Hunderttausende, die migrieren wollen, sondern über Millionen oder zehn Millionen oder noch mehr“, sagte der Afrika-Beauftragte der Kanzlerin, Günter Nooke. dpa

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