Erste Erfolge für Schwarz-Gelb, jetzt geht es ans Eingemachte

Bei den großen Streitpunkten ringen Union und FDP um Kompromisse.

Berlin. Horst Seehofer ist an diesem kalten Berliner Morgen besonders maulfaul. "Aus meiner Sicht wird genug und zu viel geredet", sagt der CSU-Vorsitzende doppeldeutig und verschwindet im Verhandlungsraum der NRW-Landesvertretung.

Dort tagt zum dritten Mal die große Koalitionsrunde von Union und FDP. Am Ende wird dann doch mehr verkündet als wieder nur ein Stimmungsbild: Das Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger wird verdreifacht, die Zuverdienstmöglichkeit für Langzeitarbeitslose verbessert.

Es soll ein zweifaches Signal sein: Wir sind handlungsfähig - und die neue Koalition steht gegen "soziale Kälte". Das verschafft Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Luft, die ganz dicken Brocken für die neue schwarz-gelbe Koalition anzugehen. Bei Steuern und Gesundheit wurden in der dritten Runde nämlich nur "Zwischenstände", so CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, erörtert. Hinter den Kulissen sind die Verhandlungen weiter zäh.

Die ersten kleinen Beschlüsse können nicht darüber hinwegtäuschen: So richtig gefunkt hat es zwischen den politisch Verlobten noch nicht, zumindest nicht, wenn es ans Eingemachte geht. Bei der FDP herrscht der Eindruck, dass sich die Union noch nicht vollständig von der Großen Koalition verabschiedet hat. "Da gibt es noch Trennungsschmerz wie am Ende der Ära von Helmut Kohl", sagt ein FDP-Unterhändler. "Die Union ist sozialdemokratischer geworden", stellt ein anderer Liberaler fest. Aus der Union kommt die Gegenanalyse: Die FDP lebe gedanklich noch in der elfjährigen Opposition. "Die müssen den Realitätstest als Regierungspartei noch bestehen."

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) versucht, dieser Stimmung etwas die Schärfe zu nehmen. Er spricht wieder von der "Wunschkonstellation", die hier verhandelt. "Das führt sicher zu guten Ergebnissen." Letztlich sieht das die FDP auch so. Parteichef Guido Westerwelle warnt aber seine Leute vor übereilten Urteilen.

"Lasst euch nicht irre machen, es gibt noch keine Vorentscheidungen", ist der Tenor eines Briefs, den er Mittwoch in hoher Auflage an Parteimitglieder und FDP-Anhänger verschickt hat. Einen Pluspunkt kann er bereits vermelden: Die stärkere Unterstützung der Arbeitslosen ist auch eine zentrale Wahlkampf- Forderung der FDP gewesen.

An anderer Stelle stoßen die Liberalen dagegen an Grenzen: Weg mit dem Gesundheitsfonds, weg mit der Vorratsdatenspeicherung, weg mit dem Anbauverbot für Genmais. "Wenn man die Koalition will, dann muss man auch aufeinander zugehen", fordert FDP-Justizexpertin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nach wie vor.

So läuft zunächst erst einmal alles auf das Wochenende zu: Eine Mammutsitzung von morgen bis Sonntag soll den Weg zum Koalitionsvertrag ebnen. Zum neuen Kabinett wohl aber noch nicht. Vom 21. bis 23. Oktober haben sich die künftigen Partner jedenfalls weitere Termine freigehalten. Dann will vor allem die Union fertig sein.

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