Eiszeit zwischen Juden und Katholiken

Die Rehabilitierung eines Holocaust-Leugners durch den Papst belastet den Dialog der Religionen.

Rom. Es ist eine Entscheidung, die für Unverständnis und Empörung gesorgt hat: Am vergangenen Wochenende war bekannt geworden, dass Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation von vier traditionalistischen Bischöfen zurückgenommen hat - darunter der Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson. Das israelische Ober-Rabbinat legte die Kontakte zum Vatikan daraufhin auf Eis. Und auch die klare Absage des Papstes an jede Leugnung des Holocausts vom Mittwoch hat die Wogen nicht glätten können. Vielmehr belastet der Vorgang nun auch den katholisch-jüdischen Dialog in Deutschland. Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, kündigte an, bis auf weiteres den Dialog mit der katholischen Kirche auszusetzen.

Der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, begrüßte zwar grundsätzlich die Äußerung Benedikts zum Holocaust. Allerdings erwarte man nun auch Konsequenzen des Kirchenoberhauptes. "Wir hören die Worte wohl, allein es fehlt der Glaube, wie ernst es der Vatikan damit meint", betonte Kramer.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, war sichtlich um Schadensbegrenzung bemüht. Bei einem bereits seit längerem geplanten Besuch einer Synagoge in Mannheim kündigte er an, sich um eine baldiges Gespräch mit dem Zentralrat zu bemühen. Die Kirche stehe "unverbrüchlich" zum Dialog mit dem Judentum. "Wir werden daran mit allen Kräften auch in Deutschland arbeiten." Die Deutsche Bischofskonferenz hat eine Kommission für die Beziehungen zum Judentum unter der Leitung von Aachens Bischof Heinrich Mussinghoff. Dieses Gremium unterhält Kontakte zu verschiedenen jüdischen Organisationen.

In der Erklärung des Erzbischofs klang zugleich Kritik am Vatikan an: Zollitsch zeigte sich "unglücklich" darüber, dass bei der Entscheidung des Papstes "die Problematik um die Person insbesondere von Bischof Williamson nicht mit in Betracht gezogen" worden sei.

In der jüdischen Gemeinschaft herrscht besonderes Unverständnis darüber, dass ausgerechnet ein deutscher Papst einen Holocaust-Leugner rehabilitiere, wie es der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, formulierte. "Ein deutscher Papst müsste hier sehr viel mehr Sensibilität haben." Hinzu kommt, dass die Rehabilitierung von Williamson nicht die erste Entscheidung des Papstes ist, die für Kritik in der jüdischen Gemeinschaft gesorgt hat. Im vergangenen Jahr hatte Benedikt die Karfreitags-Fürbitte wieder zugelassen, mit der für die Missionierung der Juden gebetet wird.

Vatikankenner rätseln, wie es zu der Entscheidung der Rehabilitierung kommen konnte. Viele fühlen sich erinnert an die Regensburger Rede, als Benedikt mit einem umstrittenen Zitat die islamische Welt gegen sich aufbrachte. Kurze Zeit danach gelang es dem Papst dann, bei seiner bis dahin schwierigsten Reise in die Türkei das katholisch-islamische Verhältnis auf neue Füße zu stellen. Eine weitere schwierige Reise wartet nun auf Benedikt: Im Mai will er Israel besuchen.

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