Ein RAF-Prozess und die Frage: Wer tötete Generalbundesanwalt Buback?

Auch nach 70 Verhandlungstagen ist die Tat von 1977 immer noch nicht geklärt. Die einstigen Terroristen schweigen.

Stuttgart. Vor der Weihnachtspause gab das Gericht der früheren Terroristin noch einen Hinweis mit auf den Weg, einen rechtlichen Hinweis: Es könnte sein, so das Oberlandesgericht Stuttgart, dass Verena Becker nicht als Mittäterin des Mordes an Generalbundesanwalt Siegfried Buback zu bestrafen wäre, sondern nur wegen Beihilfe — wenn sie denn überhaupt schuldig gesprochen wird.

Für die ehemalige RAF-Terroristin könnte das so etwas wie ein kleines Weihnachtsgeschenk gewesen sein. Denn die 59-Jährige ist als Mittäterin des Mordanschlags vom 7. April 1977 angeklagt — wegen ihrer Rolle bei der Planung und Organisation.

Völlig überraschend kommt der Hinweis nach 70 Verhandlungstagen nicht: Bislang hat das Verfahren auch nach mehr als einem Jahr nichts Greifbares zutage gefördert, das auf eine maßgebliche Rolle Beckers bei der Ermordung Bubacks und seiner Begleiter hindeuten würde. Und das Gericht ist verpflichtet, die Beteiligten vor einem Urteil darauf hinzuweisen, wenn sich die rechtliche Bewertung geändert hat.

Verena Becker kann sich also Hoffnungen machen, halbwegs glimpflich aus der Sache herauszukommen. Der Hinweis dürfte aber auch so zu verstehen sein, dass das Gericht keine Anhaltspunkte für die weitergehende These sieht, wonach Becker selbst als Beifahrerin auf dem Tatmotorrad saß und mit einer abgesägten Heckler und Koch in Bubacks Dienstwagen feuerte.

Das ist die Tatvariante, die Nebenkläger Michael Buback, der Sohn des Opfers, für die wahrscheinlichste hält: Er glaubt, dass Verena Becker selbst geschossen hat und anschließend bei den Ermittlungen geschützt wurde, weil sie mit dem Verfassungsschutz oder sonstigen Geheimdiensten zusammengearbeitet hatte.

Das Gericht hat viel Zeit und Mühe darauf verwendet, auch den entferntesten Hinweisen zu dieser These nachzugehen. Und wenn dieser Prozess schon voraussichtlich nicht klären wird, wer auf dem Motorrad saß, so lässt sich doch schon jetzt sagen, dass das Gericht alles versucht hat, die Wahrheit zu ermitteln. Die einstigen RAF-Kämpfer, die es wirklich wissen müssten, haben sich entschlossen, im Prozess die Aussage zu verweigern — trotz der Versuche des Vorsitzenden, ihnen ins Gewissen zu reden.

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