Ein Plan, der an verfassungsrechtliche Grenzen stößt

Wahlideen im Check: Heute: Die Einführung eines Straftatbestandes der Steuerverschwendung.

Düsseldorf. Alle Parteien haben in ihren Wahlprogrammen markante und zum Teil auch ungewöhnliche Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute: Die Einführung eines Straftatbestandes der Steuerverschwendung.

Die Idee: Horrende Baukostenüberschreitungen, unsinnige oder überdimensionierte Projekte — viele Steuerzahler sind frustriert, wenn sie über Fälle öffentlicher Verschwendung lesen. Der Bund der Steuerzahler veröffentlicht dazu jedes Jahr ein „Schwarzbuch“. Die AfD greift diese Grundstimmung mit dem Hinweis auf, dass die Steuerhinterziehung auch vergleichsweise kleinerer Beträge in Deutschland konsequent verfolgt werde, derweil die „weit mehr gemeinwohlschädliche Steuerverschwendung straffrei“ bleibe. Deshalb fordert die AfD einen neuen Straftatbestand der Haushaltsuntreue.

Der Haken: Bei vielen Menschen dürfte die Idee Anklang finden. Allerdings stößt der Plan an verfassungsrechtliche Grenzen.

Die Bewertung: Schon heute gibt es einen Straftatbestand der Untreue, unter den öffentlich Bedienstete bei Verletzung ihrer Vermögenstreuepflichten fallen. Wenn zum Beispiel jemand einer Firma den Zuschlag für einen Bauauftrag erteilt, obwohl diese Firma ohne erkennbaren Zusatznutzen teurer ist als andere Mitbewerber, dann fällt das bereits unter das Strafrecht.

Auch bei dem Vorstoß der AfD wäre zu beweisen, dass wirklich jemand darauf aus war, der Öffentlichkeit vorsätzlich Geld zu entziehen. „Ein neuer Straftatbestand würde an diesem Problem nichts ändern, denn es bleibt bei der Unschuldsvermutung“, erklärte der Verfassungsrechtler an der Universität Speyer, Joachim Wieland. Alles andere bringe Konflikte mit dem Grundgesetz. Ein zu scharf gefasstes Strafrecht würde überdies dazu führen, dass Amtswalter sehr vorsichtig würden und im Zweifel keine öffentlichen Investitionen zustande kämen. „Denn hier ist immer ein gewisses Risiko dabei“, so Wieland.

Fazit: Natürlich klingt es immer gut, Amtsträger stärker an die Leine zunehmen. Eine Verschärfung des Strafrechts taugt dazu allerdings nicht. Eine drastische Verteuerung etwa der Hamburger Elbphilharmonie oder des Flughafens BER ist strafrechtlich nicht erfassbar. Die politisch Verantwortlichen schießen dann Geld nach. Und diese Politiker sind gewählt und damit demokratisch legitimiert. Genauso ist es, wenn Parlamente Bauänderungen verabschieden, die zu Mehrkosten führen. Dass man dort hätte wirtschaftlicher handeln können, ist letztlich eine politische Frage, die sich dadurch lösen lässt, dass jene Politiker beim nächsten Mal von den Bürgern konsequent abgewählt werden.

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