Die Iran-Offensive des US-Präsidenten

Washington. Nach fast 30 Jahren eisiger Beziehungen könnte das strategischewichtige Verhältnis zwischen den USA und dem Iran vor einer Wendestehen. Obwohl die Videobotschaft, die US-Präsident Barack Obamaanlässlich des persischen Neujahrsfests dem obersten Führer des Landes,Ayatollah al Chamenei übersandte, zunächst auf Misstrauen und Skepsisstieß, lässt sie dennoch Hoffnung aufkommen.

Nun liegt es an beidenSeiten, vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen.

Eine ersteGelegenheit dazu könnte sich bereits auf dem bevorstehenden AfghanistanGipfel ergeben, wo Obamas Chefdiplomatin Hillary Clinton mit ranghohenVertretern aus Teheran zusammentreffen soll. Als am vierten November1979 iranische Studenten die amerikanische Botschaft in Teheranstürmten, rissen die Geiselnehmer zugleich eine tiefe Kluft in denbilateralen Beziehungen auf. Das 444 Tage andauernde Drama besiegeltezum einen die gescheiterte Präsidentschaft des Demokraten Jimmy Carter.

Doch egal, ob der Führer der freien Welt ein Demokrat oder Republikanerwar, einig waren sich alle Präsidenten seit Carter in ihrer Ablehnungdes Iran. Es gibt keine diplomatischen Kontakte oderWirtschaftsbeziehungen. Gelegentlich kokettiert Washington, daswiederum vom Iran als Verkörperung des "dekadenten Kapitalismus"beschimpft wird, sogar mit militärischen Schritten.

Das soll nun anderswerden. Obama hat einen "Neubeginn" angeboten und sogar einGipfeltreffen mit dem Staatsoberhaupt in Aussicht gestellt. Dass dieGeste mit Skepsis aufgenommen wird ist insofern verständlich, als dieUSA dem Iran nach wie vor nukleare Ambitionen ebenso wie die aktiveUnterstützung terroristischer Aktivitäten unterstellen. Hinter Obamas"Samthandschuh", so al Chamenei, könnte sich nämlich eine "gusseiserneFaust" verbergen.

Obama ist gewiss nicht blauäugig. Deswegen verordneteer auch kürzlich die Verlängerung des Handelssanktionen. Gleichzeitigaber kündigte er an, dass Kontakte zwischen Diplomaten wieder denkbarseien, und zwar auf allen Ebenen, womöglich bis hin zum Präsidentenselbst. Das ist ein Olivenzweig, den die Führung in Teheran nichtablehnen sollte.

Mit seiner diplomatischen Offensive stößt Obama vorallem im eigenen Land auf Kritik, da vor allem Republikaner meinen, erhänge sich zu weit heraus und könne ins offene Messer laufen. Doch seitdrei Jahrzehnten ist jeder andere Ansatz eines US-Präsidentengescheitert. Ausgewogene und abgeklärte Diplomatie könnte tatsächlichdie beste Chance sein, dem Mullah-Regime in die Karten zu schauen undsowohl dem Nuklearprogramm als auch den Verbindungen zu Terroristen aufden Grund zu gehen.

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