Die Hessen-Parteien üben sich in Demut

Dass Koch wiedergewählt wird, ist auch der SPD völlig klar. Sie und ihr Kandidat brauchen einen Achtungserfolg.

Wiesbaden. Die Umfragewerte der Hessen-SPD haben sich den Außentemperaturen angeglichen: Sie sind im Keller. Am kommenden Sonntag wird gewählt, und kaum ein Sozialdemokrat glaubt, dass sich die Katastrophe noch abwenden lässt.

Nur Thorsten Schäfer-Gümbel grinst sein Thorsten-Schäfer-Gümbel-Grinsen. Denn erstens verfügt er über eine Menge Galgenhumor. Und zweitens kann er durchaus zufrieden mit sich und seinen erstaunlich souveränen Wahlkampfauftritten sein.

Solange seine SPD über die psychologisch wichtige 25-Prozent-Marke kommt, hätte der Spitzenkandidat die "Mission impossible" erfüllt. Er würde dann zwar (noch) nicht Ministerpräsident, dürfte aber wohl Partei- und Fraktionschefin Andrea Ypsilanti ablösen - endlich, wie viele Genossen in Berlin und Wiesbaden denken.

Die CDU um Regierungschef Roland Koch stellt sich derweil aufs Weiterregieren ein, diesmal wieder mit der ihr treu ergebenen FDP. Genau genommen hat Koch alle anderen Optionen bereits ausgeschlossen, was manche dazu brachte, einen akuten Ausschließeritis-Rückfall zu diagnostizieren. In Wahrheit hat Koch einfach nur die Umfragewerte zur Kenntnis genommen. Er ist sich seiner Sache sicher.

Koch präsentierte sich in diesem kurzen Wahlkampf staatsmännisch-zurückhaltend und für seine Verhältnisse sogar demütig. Er hat keine Unterschriften gegen Ausländer gesammelt und nicht große Teile der Jugend Deutschlands zu Kriminellen abgestempelt. Er hat keine Fehler gemacht.

Sein Thema war der Wirtschaftsabschwung. Und als Wirtschaftsfachmann geht er auch bei jenen durch, die ihn eigentlich nicht mögen. "Wirklich wieder Koch?", hieß es auf den SPD-Plakaten. Die Antwort der Wähler dürfte sein: "Ja, es geht nicht anders!"

Die Bundes-SPD wird das nicht besonders schocken, und auch die CDU in Berlin wird die Hessen-Wahl rasch abhaken. Das Ergebnis ist bereits "eingepreist".

Die Chancen für Bundespräsident Horst Köhler, am 23. Mai im Amt bestätigt zu werden, werden mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung nach dem 18. Januar weiter steigen. Für die Große Koalition insgesamt wird es jedoch schwieriger, ihre Politik durchzusetzen.

Das wiederum liegt an der Zusammensetzung des Bundesrats. Kommt es in Hessen tatsächlich zu einer CDU/FDP-Koalition, gibt es für Union und SPD in der Länderkammer keine automatischen Mehrheiten mehr. Sobald sich die Hessen-FDP in einer Sachfrage quer legt, müsste sich Koch enthalten.

Das von den Liberalen abgelehnte BKA-Gesetz, das die Koalition noch vor Weihnachten mit knapper Mehrheit durch den Bundesrat gepeitscht hatte, hätte mit der erwarteten neuen Hessen-Koalition keine Chance gehabt.

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