Der Papst ist entsetzt über die Kanzlerin

Ungewöhnlich heftig reagiert der Vatikan auf die Kritik Merkels. Auch CDU-Politiker gehen auf Distanz.

Rom. Der Vatikan ist verärgert über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der CDU-Politiker Georg Brunnhuber sagte nach einem Gespräch mit dem Papst, der Vatikan sei über die Diskussion in Deutschland "geradezu entsetzt". "Hier unterstellt niemand dem Papst, dass er antisemitische Äußerungen duldet", sagte Brunnhuber, der im Rahmen einer Generalaudienz am Mittwoch in Rom mit Benedikt XVI. gesprochen hatte. Es herrsche im Vatikan der Eindruck, dass in Deutschland jetzt alle antikatholischen Ressentiments an die Oberfläche kämen.

Am Dienstag hatte Merkel gefordert, dass von Seiten des Papstes und des Vatikans "sehr eindeutig" klargestellt werden müsse, dass es "keine Leugnung" des Holocaust geben kann. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) äußerte sich positiv zu diesem Appell. Merkel habe nicht zu Glaubensfragen Stellung genommen. Die Debatte sei "keine rein innerkirchliche Angelegenheit".

Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) hingegen sagte, bei Merkels Aufruf habe ihm der "Tonfall nicht gefallen". Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) verteidigte den Papst: "Vieles, was ihm jetzt unterstellt wird, ist beinahe bösartig." Gereizt reagierte die deutsche Zentrale der umstrittenen Pius-Bruderschaft. Die Kanzlerin verstehe das nicht und "sie ist ja auch nicht katholisch", kritisierte der Distriktobere Pater Franz Schmidberger.

Die Kanzlerin versuchte am Donnerstag, die Wogen zu glätten. Sie begrüße die Reaktion des Vatikans auf die von ihr geforderte Klarstellung im Fall des Holocaust-Leugners Richard Williamson, so Merkel. Die "Aufforderung" des Vatikans an Williamson, seine Äußerungen zu widerrufen, sei ein "wichtiges Signal".

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