Debatte: Sanktionen gegen schlechte Eltern

Wer sich zu wenig um seinen Nachwuchs kümmert, soll nach dem Willen der Südwest-CDU Konsequenzen spüren.

Berlin. Die CDU in Baden-Württemberg sorgt mit einem Vorstoß für Furore. Sie will Eltern finanziell sanktionieren, wenn sie ihre Kinder vernachlässigen.

Den entsprechenden Leitantrag "Kinderland Baden-Württemberg plus" verabschiedeten die Partei-Mitglieder am Wochenende auf dem Landesparteitag.

"Wenn Eltern ihrem Erziehungsauftrag nicht nachkommen, indem sie selbst für einfachste Dinge keine Sorge tragen, dann kann man das nicht einfach hinnehmen", heißt es in dem Antrag mit Blick auf die zunehmende Zahl von Kindern, die laut Südwest-CDU ohne Frühstück in die Schule kommen.

Als Konsequenz daraus erwägt die Partei, den Kinderzuschlag bei Empfängern von Arbeitslosengeld II den Schulträgern zu übertragen. So werde eine regelmäßige Ernährung der Kinder sichergestellt. "Wir wollen nicht dulden, dass in unseren Schulen halbverhungerte Kinder sitzen", sagte der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Thomas Strobl.

"Bei diesem Vorstoß wird am wenigsten an die Kinder gedacht", sagte die kinderpolitische Sprecherin der Linken, Diana Golze. Die CSU forderte ein Betreuungsgeld, und die Südwest-CDU wollte Eltern sanktionieren - dies sei "reine Klientelpolitik".

Derweil geht ein anderer Streit in die nächste Runde. Noch vor gut drei Wochen schlug Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, Hartz-IV-Empfängern Bildungsgutscheine anstatt des Betreuungsgeldes für ihre Kinder ab dem Jahr 2013 zu geben. Landauf, landab erntete die Kanzlerin dafür einen Sturm der Entrüstung.

Am Wochenende ruderte Merkel zurück. Es entspreche nicht ihrem Menschenbild, Familien nicht mehr zuzutrauen, dass sie mit erhaltenem Geld etwas Vernünftiges anfangen, sagte sie auf dem CDU-Landesparteitag in Mecklenburg-Vorpommern und stellte sich damit hinter die Forderung der CSU.

Die Christsozialen pochen vehement darauf, dass Eltern von unter Dreijährigen ab 2013 im Monat 150 Euro in bar bekommen, wenn sie ihre Kinder zu Hause betreuen. Im Koalitionsvertrag steht aber, dass die Leistung "gegebenenfalls als Gutschein" eingeführt werden könnte.

"Es bleibt bei den geplanten 150 Euro Betreuungsgeld", bekräftigte die stellvertretende Generalsekretärin der CSU, Dorothee Bär, am Sonntag einmal mehr. "Wir sind der Auffassung, dass das Gutscheinmodell der bessere Weg wäre, weil es sozial gerechter und vor allem treffsicherer ist", konterte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger.

Auch die CDU hat zu dem Thema, das nun im Koalitionsausschuss landen könnte, bislang keine einheitliche Linie. So bezeichnete Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Betreuungsgutscheine jüngst als "nachdenkenswert". Auch Innenminister Thomas de Maizière plädierte für eine Lösung "die es verhindert, dass bestimmte Eltern das Geld einfach wegstecken, ohne dass es direkt den Kindern zugute kommt".

Kritik kommt dabei von den Grünen. "Wir haben ganz große verfassungsrechtliche Bedenken bei den Betreuungsgutscheinen", sagte die stellvertretende Fraktionschefin der Ökopartei, Ekin Deligöz, unserer Zeitung. So sei völlig unklar, nach welchen Kriterien die Koalition das Betreuungsgeld in bar oder als Gutschein ausgeben wolle.

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