Das verschwundene Vermögen der SED/PDS

Parteien: Historiker vermuten Millionen auf verborgenen Konten. Fündig wurden die Fahnder unter anderem in Liechtenstein.

<strong>Düsseldorf. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Trotzdem sah die Linkspartei in der Liechtensteiner Steueraffäre eine willkommene Gelegenheit, die moralische Verkommenheit jener Reichen zu geißeln, die mit Hilfe von Auslandskonten Steuern hinterziehen. Dabei ist bis heute unklar, wie viel Geld die Vorläuferorganisationen der Linken, SED und PDS, selbst unterschlagen haben und wer davon heute profitiert. Historiker sprechen von hohen Millionenbeträgen. Die Partei selbst gibt sich empört und droht allen, die behaupten, die Linkspartei nutze weiterhin altes SED-Vermögen für eigene Zwecke, mit gerichtlichen Schritten.

Medienberichte geben Hinweise auf 60 Bankverbindungen nach Vaduz

Das Politikmagazin "Cicero" hatte erst im Februar berichtet, dass bei Banken in Liechtenstein SED-Gelder aufgetaucht seien. Es handele sich um 60 Bankverbindungen, hieß es. Der Bundesschatzmeister der Linken, Karl Holluba, wies das prompt zurück. Schließlich habe die PDS 1992 auf der Grundlage eines Vertrages mit der Treuhandanstalt notariell auf das SED-Auslandsvermögen verzichtet. Zudem gebe es einen rechtsgültigen Vergleich zwischen der Unabhängigen Kommission zum SED-Altvermögen, der Treuhandanstalt und der PDS von 1995. Demnach fällt jegliches Altvermögen, das neu gefunden wird, der Bundesrepublik Deutschland zu. Fünf Immobilien durfte die PDS als rechtmäßig erworbenen Besitz behalten. "Die Linke selbst praktiziert nachweislich schwerwiegende Steuer- und Vermögensdelikte seit vielen Jahren", behauptet dagegen der Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz. Die Empörung der Linkspartei über den Liechtensteiner Steuerskandal sei daher scheinheilig. "Die Forderungen nach einer besseren Aufklärung von Steuer- und Vermögensdelikten, die die Partei jetzt erheben, gelten offensichtlich nicht für die eigenen Genossen", ärgert sich Vaatz, der sich 1989 dem "Neuen Forum" angeschlossen hatte.

Gestützt wird Vaatz durch die Ausführungen des Historikers und SED-Experten Hubertus Knabe. In seinem Buch "Die Täter sind unter uns" beschreibt der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen - des ehemaligen Gefängnisses der Staatssicherheit - den Krimi um die SED-Milliarden. Demnach war der PDS-Führung um Gregor Gysi und Lothar Bisky nach der Wende keine Finte zu fies, um die ostdeutsche Bevölkerung zu beklauen.

Die SED selbst bezifferte ihre Geldbestände Ende 1989 auf 6,1 Milliarden Ost-Mark. Knabe zufolge stellten sich diese Angaben später als unvollständig heraus, weil die SED "vergessen" hatte, ihre Geldbestände im Ausland aufzuführen. Allein auf Schweizer Bankkonten sollen elf Millionen D-Mark gelegen haben. Als die Unabhängige Kommission zur Überprüfung der Parteien und Massenorganisationen der DDR 2006 ihre 16-jährige Arbeit abschloss, resümierte sie: "Die SED/PDS verfolgte eine Strategie der Vermögensverschleierung."

Zu den Barbeständen, die die SED angehäuft hatte, kamen Betriebe, Immobilien und Gegenstände im Wert von mehreren Milliarden D-Mark. Unter dem Vorsitz Gysis gründete die Partei im Dezember 1989 eine "Arbeitsgruppe zum Schutz des Vermögens der SED-PDS". Die leistete offenbar ganze Arbeit, um das Geld dem staatlichen Zugriff zu entziehen: Parteinahe Einrichtungen erhielten großzügige Spenden; Genossen und andere Verbündete wurden mit Darlehen bedacht; Ermittlungen wurden behindert, etwa durch Aussageverweigerung der Funktionäre.

Knabe kommt zu dem Schluss, dass jede Menge Geld "für immer in dunklen Kanälen versickert ist". Allein zwischen Januar und Juli 1990 habe sich das Vermögen der Partei eigenen Angaben zufolge von 9,5 auf 3,5 Milliarden DDR-Mark verringert.

Historikersicht: Hubertus Knabe schreibt in seinem Buch "Die Täter sind unter uns" unter anderem über die SED/PDS: "Tatsächlich war die Partei ein Meister der Tarnung und Täuschung. (...) Mehrfach gab es Durchsuchungen der Berliner Zentrale und weiterer Räumlichkeiten der Partei. Weil sich die PDS weigerte, ihr Vermögen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben offenzulegen, wurden ihre Büros im Karl-Liebknecht-Haus 1992 von oben bis unten durchkämmt und zahlreiche Papiere beschlagnahmt."

"Die täter sind unter uns": Das Buch mit dem Untertitel "Über das Schönreden der SED-Diktatur" ist bei Propyläen erschienen und kostet 22 Euro. Die Gedenkstätte Hohenschönhausen findet man auch im Internet:

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