Concorde-Absturz: Schuldfrage neu gestellt

Prozess um das Unglück aus dem Jahr 2000 wird wieder aufgerollt. War das Flugzeug überladen?

Paris. Im Berufungsprozess um den Absturz des Überschallflugzeugs Concorde, der am Donnerstag begonnen hat, geht es nun nicht mehr um die 113 Opfer und ihre Angehörigen. Im Mittelpunkt stehen jetzt die Fluggesellschaften Air France und Continental und die Frage, wer schuld an der Katastrophe vom 25. Juli 2000 war.

Ein Pariser Strafgericht hatte im Dezember 2010 einen einzigen Schuldigen ausgemacht, die US-Airline Continental. Eine Continental-Maschine hatte an dem Unglückstag kurz vor der Concorde am Pariser Flughafen Charles de Gaulle abgehoben und dabei ein Metallteil verloren. Die Lamelle aus Titan zerschnitt wenig später beim Start der Concorde einen Reifen. Herumfliegende Teile beschädigten einen Treibstofftank des Überschallflugzeugs, der sich entzündete.

Was dann passierte, haben die meisten noch als Bild vor Augen: Der elegante weiße Riesenvogel wurde zum Feuerschweif und stürzte ab. Die meisten Toten waren deutsche Urlauber auf dem Weg in die Karibik.

Doch Continental will den Richterspruch nicht stehen lassen, gegen den die Staatsanwaltschaft in Berufung ging. Continental-Starverteidiger Olivier Metzner kündigte bereits an, er werde 18 Zeugen aufrufen lassen, die aussagen, dass die Concorde bereits brannte, bevor sie über die Lamelle fuhr. Die Aussagen dürften sich allerdings nur wenig von denen unterscheiden, die Continental bereits im ersten Prozess zur Entlastung vorbringen ließ.

Continental musste damals eine Strafe von 200 000 Euro zahlen. An Air France sollte die US-Airline eine Million Euro überweisen für den erlittenen Image-Schaden. Die legendäre Concorde musste drei Jahre nach der Katastrophe ihren Betrieb einstellen. Dabei ist Continental-Anwalt Metzner überzeugt, dass Air France an dem Unglück schuld ist. „Dieses Flugzeug hätte nie abheben dürfen“, denn es sei überladen gewesen, sagte Metzner. Nun will er sechs Zeugen aufbieten, die für die Fluglinie arbeiteten und nie angehört wurden.

Als Einzelperson wurde bisher allein der Continental-Mechaniker John Taylor verurteilt, der 15 Monate auf Bewährung bekam. Ihm legte das Gericht zur Last, dass er ausgerechnet Titan für das Metallstück benutzte — „ein offensichtlich ungeeignetes Material“. Freigesprochen wurde der „Vater“ der Concorde, der 82-jährige Henri Perrier. Das Verfahren soll bis zum 9. Mai dauern.

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