Bissiger Wahlkampf um das höchste Staatsamt

Gesine Schwan attackiert Amtsinhaber Horst Köhler – die Union findet das empörend.

Berlin. Beim Neujahrsempfang für das diplomatische Korps stand Gesine Schwan beim Defilee einträchtig nur wenige Schritte von Bundespräsident Horst Köhler entfernt. Was manchen wunderte, hatte einen simplen Grund. Schwan war nicht etwa als SPD-Kandidatin für das höchste Staatsamt im Schloss Bellevue zugegen, sondern als Polen-Beauftragte der Bundesregierung. Und das Bild der Harmonie trog. Schwan steht in heftiger Konkurrenz zu dem eine zweite Amtszeit anstrebenden Köhler.

Jetzt hat die Herausforderin mit Kritik an Köhler zwar Aufsehen erregt, doch der Zweikampf scheint für sie immer aussichtsloser zu werden. Es sei ihr keineswegs um einen persönlichen Angriff gegangen, verteidigte Schwan ihre Attacke auf Köhler, die von der Union postwendend als respektlos und unwürdiges Schauspiel qualifiziert wurde.

Die ehemalige Politik-Professorin hatte Köhler vorgeworfen, mit seiner Amtsführung den Graben zwischen Politik und Gesellschaft zu vertiefen und damit eine "Erosion der Demokratie" in Kauf zu nehmen. Das wurde durchaus als persönlicher Angriff verstanden, zumal sie Köhler noch vorhielt, das Potenzial seines Amtes nicht auszuschöpfen, und anfügte: "Wenn jemand im Amt wäre von der Statur eines Richard von Weizsäcker, hätte ich nicht kandidiert."

Das Präsidialamt kommentierte die Äußerungen nicht. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla ging zum Gegenangriff über: "Frau Schwan betreibt einen polarisierenden Wahlkampf." Einen Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten gibt es eigentlich nicht. Das Staatsoberhaupt wird nicht direkt vom Volk gewählt, sondern von der Bundesversammlung. Die Kandidaten können sich nicht selbst bewerben, sondern werden von den Parteien nominiert. Und für diese ist das Präsidentenamt häufig ein Joker, der im Kampf um die politische Macht gezogen wird. Manchmal geht das Spiel auf. So 1969 mit dem SPD-Kandidaten Gustav Heinemann, der den Machtwechsel zu einer sozial-liberalen Koalition einleitete. 2004, als Union und FDP den Finanzexperten Köhler nominierten, klappte es nicht.

Alle drei Präsidenten, die bisher zur Wiederwahl antraten, wurden gleich im ersten Wahlgang über die Parteigrenzen hinweg mit überwältigender Mehrheit bestätigt - dies wird diesmal anders sein.

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