Bischofskonferenz steht vor Scherbenhaufen

Führte ein Machtkampf zum Stopp der Studie über vertuschten Kindesmissbrauch?

Hannover. Erst vereinbaren alle deutschen Bistümer die Aufklärung von jahrzehntelang vertuschten Missbrauchsfällen, dann platzt die Studie nach Gegenwind aus Teilen der katholischen Kirche. Die Deutsche Bischofskonferenz geht sogar rechtlich gegen den Verfasser der Studie, den Kriminologen Christian Pfeiffer, vor.

Er sei aufgefordert worden, nicht mehr von Zensur in der Kirche zu sprechen, weil dies schlichtweg falsch sei, teilte die Bischofskonferenz mit. Experten vermuten einen Machtkampf zwischen konservativen und reformgesinnten Kräften in der Bischofskonferenz.

„Die Bischöfe sind die Entscheider, ohne sie läuft nichts“, sagt Kirchenrechtler Thomas Schüller. Generell müsse man sagen, dass die Rolle des Vorsitzenden der Bischofskonferenz überschätzt werde.

Beobachtbar sei, dass das Gremium seit Jahrzehnten als Einheit aufgetreten ist, obwohl es immer schon Fraktionen gab. Jetzt, mit dem Antreten einer neuen Generation junger, konservativer Bischöfe gebe es eine deutlichere Fraktionsbildung.

Am ernsthaften Willen der Bischöfe zur Aufklärung habe er keinen Zweifel, so Schüller. Nach Bedenken in einigen Diözesen und der Sorge von Priestern vor einem Generalverdacht hätten einzelne Bischöfe das Projekt aber auflaufen lassen. „Der Imageschaden ist gewaltig.“

Der Theologe Klaus Müller vermutet eher einen Machtkampf unter den deutschen Bischöfen. Insbesondere konservative Geistliche hätten Angst vor den Ergebnissen der wissenschaftlichen Untersuchung zum sexuellen Missbrauch, sagt der Wissenschaftler von der Universität Münster.

Dagegen glaubt der Mainzer Theologe Gerhard Kruip, bei der Studie habe es Bedenken von einigen Seiten, wohl aber keinen Streit zwischen Bischöfen gegeben. Eher sei es zu einem „Zerrüttungsprozess“ zwischen Pfeiffer und der Kirche gekommen.

Ausgerechnet am Tag nach dem Zerwürfnis zwischen Pfeiffer und der Kirche fiel in Berlin der Startschuss für die Kampagne „Kein Raum für Missbrauch“. Ziel ist die flächendeckende Einführung von Schutzkonzepten, um das Risiko von sexuellen Übergriffen in Kitas oder Sportvereinen zu verringern.

Die Bischofskonferenz unterstützt die Kampagne — allerdings nur ideell. So schickt die katholische Kirche beispielsweise Tausende Betreuer zu Fortbildungsmaßnahmen für den richtigen Umgang mit Kindern.

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