Besuch ohne Annäherung: Netanjahu und Merkel bei Iran-Kurs uneins

US-Präsident Trump hat sich komplett auf Israels Seite geschlagen, nun sondiert Regierungschef Netanjahu in Europa. Auf seiner ersten Station Berlin konnte er nicht mit viel Zustimmung für seinen harten Iran-Kurs rechnen. Wie läuft es für ihn in London und Paris?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU,r) und Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, äußern sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz nach ihrem Gespräch im Bundeskanzleramt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU,r) und Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, äußern sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz nach ihrem Gespräch im Bundeskanzleramt.

Foto: Sina Schuldt

Berlin. Freundlich, aber in wesentlichen Punkten weiter uneins: Das Treffen zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag in Berlin verlief ohne nennenswerte Annäherung in der Hauptsache, dem Kurs gegenüber dem Iran. Nachdem sich US-Präsident Donald Trump in dieser und anderen Fragen auf die Seite Israels gestellt hat, hofft Netanjahu auch auf Unterstützung in Europa. Er reist im Anschluss an seinen Kurzbesuch bei Merkel nach Paris und London weiter.

Netanjahu will einen kompletten Rückzug aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Er sieht sich bestätigt, nachdem US-Präsident Donald Trump vor Kurzem den Ausstieg der USA daraus verkündet hatte. Die Kanzlerin sagt dagegen, man müsse an diesem Abkommen festhalten, aber die Expansionspolitik des Irans eindämmen. Der Iran hatte sich vertraglich verpflichtet, nicht mehr nach einer Atombombe zu streben und sich Kontrollen zu unterwerfen - im Gegenzug für die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen.

Netanjahu verwies auf jüngste Äußerungen der iranischen Führung, wonach Israel ein „Krebsgeschwür“ sei. „Der Iran ruft zu unserer Zerstörung auf“, sagte Netanjahu. Daher werde Israel weder zulassen, dass Teheran Atomwaffen bekomme, noch dass es sich im Nahen Osten weiter ausbreite und seine aggressive Politik fortsetze. Zentrales Problem für Israel ist die Militärpräsenz des Iran im Nachbarland Syrien, die Teheran während des jahrelangen Bürgerkriegs noch ausgebaut hat. Netanjahu will daher die Regionalmacht Iran isolieren und Geldströme in das Land unterbinden.

Trump hatte sich auch hier auf die Seite Israels gestellt. Auch die Kanzlerin anerkennt das Problem für Israel und will die Einflusssphäre des Irans im Nahen Osten zurückdrängen. Das Existenzrecht Israels sei in Deutschland Staatsraison, bekräftigte die Kanzlerin.

Die Bundesregierung hatte bereits deutlich gemacht, dass sie dem umstrittenen Schritt der USA nicht folgen wird, die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Trump hatte im Dezember Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt, sie Palästinenser scharf dagegen protestiert. Sie wollen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen künftigen Staat Palästina. Merkel machte beim Besuch von Netanjahu klar, dass die Hauptstadtfrage nur im Rahmen einer Zweistaatenlösung verhandelt werden könne.

Die EU und auch Deutschland dringen immer wieder auf Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern, wollen eine Zweistaatenlösung. Die vorerst letzten Friedensgespräche scheiterten 2014. Die EU kritisiert auch immer wieder die israelische Siedlungspolitik.

Grundsätzlich hat Israel aber großes Interesse an einer guten Kooperation mit der EU - etwa im Energiebereich mit Blick auf die israelischen Gasfelder im Mittelmeer. Die meisten israelischen Exporte gehen ohnehin in die EU. Das Interesse an weiterhin guten wirtschaftlichen Beziehungen, insbesondere auch im Hightech-Bereich, bekräftigten denn auch Merkel und Netanjahu bei ihrem Treffen.

Als Zeichen der guten Beziehungen verkündeten Merkel und Netanjahu, dass sie am 4. Oktober die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen wieder aufnehmen. Beide Seiten arbeiteten daran, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die beiderseitigen Konsultationen ruhten, seitdem Merkel sie Anfang vergangenen Jahres offensichtlich aus Verärgerung über die israelische Siedlungspolitik abgesagt hatte. dpa

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